Wien – Ein 35-jähriger Rumäne ist am Donnerstag im Wiener Straflandesgericht wegen schweren Raubes und versuchter Vergewaltigung zu insgesamt 13 Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte im Herbst 2014 zwei junge Frauen im Abteil eines InterCity-Zuges am Wiener Westbahnhof überfallen. Dabei hätte der massiv vorbestrafte Mann noch bis September 2016 in einem Gefängnis in seiner Heimat sitzen müssen.

Der Fall macht die Probleme deutlich, die sich nach der Abschiebung rechtskräftig verurteilter ausländischer Straftäter ergeben können. Der Rumäne war in Österreich zunächst wegen schweren Raubes zu sechs und im Jahr 2007 für eine Vergewaltigung zu drei Jahren unbedingter Haft verurteilt worden. Nachdem auch das zweite Urteil Rechtskraft erlangt und er seine insgesamt neunjährige Freiheitsstrafe angetreten hatte, wurde er im August 2011 zur Verbüßung seiner Reststrafe in seine Heimat überstellt.

Eine im Strafvollzug gängige Praxis, die bei ausländischen Tätern, die keinen Bezug zu Österreich haben und über keine sozialen Kontakte verfügen, regelmäßig bewilligt wird. Eine Überstellung der Betroffenen zur Verbüßung der über sie verhängten Strafen entlastet die heimischen Gefängnisse und hilft Kosten sparen. Ein Hafttag belastet das Budget der Justiz mit rund 120 Euro pro Gefangenem.

Keine Kontrolle

Ab Übergabe der Häftlinge an ihre Heimatstaaten gibt Österreich allerdings die Kontrolle aus der Hand, ob bzw. inwieweit die verhängten Strafen tatsächlich vollzogen werden. "Die Vollstreckung richtet sich nach der Übergabe nach dem Recht des Vollstreckungsstaates", hieß es dazu am Donnerstag im Justizministerium auf Anfrage. Innerhalb der EU sei allerdings "grundsätzlich eine Anerkennung der im Ausland verhängten Strafe in derselben Höhe vorgesehen".

Sollte die ursprüngliche Strafe im Ausland "eklatant unverhältnismäßig" gekürzt werden, "wird nicht übergeben", betonte eine Sprecherin des Justizministeriums: "Zeigen sich in der Entlassungspraxis im Ausland eklatante Differenzen zwischen der in Österreich und im Ausland zu vollstreckenden Freiheitsstrafe, kann dies zur Sistierung des Überstellungsverkehrs führen." Derartiges sei mit Mitgliedstaaten der EU aber bisher nicht vorgekommen.

Versuchte Vergewaltigung in Zug

Der Überfall auf die jungen Frauen am Westbahnhof spielte sich um 4.15 Uhr in der Früh ab. Die damals 19 Jahre alten Oberösterreicherinnen hatten am 22. November 2014 in Wien das Nachtleben erkundet und wollten am folgenden Morgen mit einem frühen InterCity-Zug heimfahren. Sie begaben sich in ein leeres Abteil des am Bahnsteig bereitgestellten IC, als sich ein unbekannter Mann zu ihnen setzte.

Sie versuchten, den Mann loszuwerden, als dieser plötzlich einer von ihnen eine abgebrochene Glasflasche gegen den Hals drückte und Geld verlangte. Die jungen Frauen übergaben ihm ihre Mobiltelefone, eine von ihnen überdies ihre Brieftasche mit 20 Euro. Danach setzte sich der Unbekannte hin und erklärte den eingeschüchterten Opfern sinngemäß, dass er sich nun an ihnen vergehen werde. In weiterer Folge machte er sich laut Anklage auf eine Art und Weise an einer der Frauen zu schaffen, die von der Staatsanwaltschaft später als versuchte Vergewaltigung qualifiziert wurde.

Ein im Nebenabteil auf die Abfahrt des Zuges wartender Mann hörte die Hilferufe der zweiten jungen Frau. Der Ohrenzeuge eilte herbei, was den Räuber in die Flucht schlug. Der Rumäne entkam unerkannt. Allerdings hatte er im Abteil DNA-Spuren hinterlassen, was seine Ausforschung ermöglichte, nachdem er Anfang des heurigen Jahres einen weiteren Raub verübt hatte.

Mann in Wien ausgeraubt

Der 35-Jährige lernte am 8. Februar 2016 in einem Lokal in der Wiener Innenstadt einen Mann kennen, der Gefallen an dem Rumänen fand. Er nahm ihn mit nach Hause, wo es zwischen den beiden Männern zu einvernehmlichen sexuellen Handlungen kam. Danach soll der Rumäne verlangt haben, der Wiener möge ihm seinen Laptop schenken. Als dieser ablehnte, stach ihm der 35-Jährige laut Anklage ein Messer zwei Mal in den Oberschenkel und versetzte ihm Faustschläge ins Gesicht. Auch diesmal hinterließ er seine genetischen Merkmale, nachdem er sich mit dem Laptop aus der Wohnung begeben hatte, so dass dem Rumänen die beiden Raubüberfälle zugeordnet werden konnten, als er mehrere Wochen nach der zweiten Tat nach einer gefährlichen Drohung festgenommen wurde.

Unter Bedachtaufnahme auf die gefährliche Drohung, für die der Rumäne in einem separaten Verfahren bereits sechs Monate unbedingt kassiert hat, verhängte nun ein Schöffensenat für den zweifachen schweren Raub und die versuchte Vergewaltigung zwölfeinhalb Jahre Haft. Richter Stefan Apostol sprach in der Urteilsbegründung von "Gewalttaten am obersten Ende der Schwerstkriminalität".

Verteidigung will berufen

Die insgesamt 13-jährige Freiheitsstrafe evozierte beim Angeklagten lautstarke Unmutsäußerungen. Er beschimpfte das Gericht und rief "Scheiß Austria". Nach Rücksprache mit seiner Verteidigerin meldete er Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Die Staatsanwältin verzichtete auf Rechtsmittel. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Zum Überfall auf die jungen Frauen hatte der Rumäne erklärt, er sei damals unter Einfluss von Drogen und Alkohol gestanden und könne sich an nichts mehr erinnern. Hinsichtlich des zweiten inkriminierten Faktums behauptete er, der Mann habe ihn "attackiert", er habe sich nur zur Wehr gesetzt. (APA, 13.10.2016)