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Beim Zusammenhang zwischen dem Tragen von Fake-Brillen und Intelligenz ist sich die Wissenschaft uneins. Erwiesen scheint allerdings, dass Brillen, die Kurzsichtigkeit korrigieren sollen, auf eine höhere Bildung hindeuten.

Foto: REUTERS/Wolfgang Rattay

Mainz – Ob Kurzsichtigkeit auch genetische Ursachen hat, ist bisher nicht stichhaltig geklärt. Es gibt zwar viele Studien zu dieser Frage, doch die Ergebnisse widersprachen einander oft. Klar ist allerdings, dass bestimmte Umweltfaktoren einen merklichen Einfluss auf die Entwicklung einer Myopie besitzen. Auch eine Korrelation zwischen Bildungsstand und Kurzsichtigkeit konnte festgestellt werden. Ob sich daraus aber auch ein Zusammenhang zwischen Intelligenz und Kurzsichtigkeit ableiten lässt, wollten nun deutsche Wissenschafter auf den Grund gehen. Ihr Ergebnis: Ein Verbindung gibt es tatsächlich, allerdings nur eine indirekte.

Die Kurzsichtigkeit ist das Augenleiden, von dem die meisten Menschen betroffen sind – und zwar mit steigender Tendenz. Da eine Myopie im Frühstadium gut zu behandeln, wenn auch nicht zu heilen ist, ist das Wissen um die Ursachen der Erkrankung von zentraler Bedeutung. "Aus früheren Studien wissen wir, dass ein hohes Bildungsniveau häufig mit der Entwicklung einer Kurzsichtigkeit einhergeht", so Norbert Pfeiffer, Hauptautor der aktuellen Studie. Doch sind Kurzsichtige nicht nur gebildeter, sondern auch intelligenter?

Auf die Bildungsjahre kommt es an

Die Studie deutet vordergründig darauf hin: Für sich alleine betrachtet hängt die kognitive Leistungsfähigkeit, und damit die Intelligenz, tatsächlich mit dem Auftreten der Kurzsichtigkeit zusammen. Als die Wissenschafter alle Einflussfaktoren berücksichtigten, stellten sie jedoch fest, dass die Anzahl der Bildungsjahre in einem direkteren und stärkeren Zusammenhang mit einer Kurzsichtigkeit steht als die kognitive Leistungsfähigkeit. Diese Fähigkeit ist nur durch den Einfluss des Bildungsgrades mit einer Myopie verbunden. Mit anderen Worten: Das Bildungsniveau eines Menschen und nicht seine Intelligenz ist in erster Linie entscheidend für die Entwicklung einer Kurzsichtigkeit. Von zwei gleichermaßen intelligenten Menschen, wird also derjenige wahrscheinlicher kurzsichtig und stärker fehlsichtig, der länger zur Schule geht und der den höheren Schulabschluss hat.

Für ihre Studie wertete das Forscherteam Daten aus, die im Rahmen der Gutenberg-Gesundheitsstudie der Universitätsmedizin Mainz – eine der weltweit größten Studien im Bereich bevölkerungsbasierter Forschung – gewonnen wurden. Die Subkohorte umfasste rund 4.000 Personen im Alter zwischen 40 und 79 Jahren. Um die kognitiven Fähigkeiten zu messen, nutzten die Forscher den Turm von London (TOL)-Test. Der 20-minütige Test misst die Fähigkeit, logisch zu denken, zu planen und Probleme zu lösen. Um eine Myopie festzustellen, untersuchten die Wissenschafter die Brechkraft der Augen, also wieviel das Auge korrigieren muss, damit es ein Bild scharf sieht.

Je kurzsichtiger, umso besser das Testergebnis

Die Teilnehmer mit einer Myopie erzielten als durchschnittliches Ergebnis für den TOL-Test einen Wert von 14. Die Vergleichsgruppe der Nichtkurzsichtigen erreichte einen Wert von nur 12,9. Außerdem zeigte sich: Je höher der Myopiewert, desto höher der TOL-Score. So erreichten die stark kurzsichtigen Teilnehmer mit mehr als sechs Dioptrien einen Durchschnittswert von 14,6. Dieser scheinbare Zusammenhang zwischen Kurzsichtigkeit und besserem Abschneiden im Planungstest löste sich jedoch auf, als die Forscher auch den Einfluss der Anzahl der Bildungsjahre berücksichtigten.

"Durch die aktuelle Studie wird die Bedeutung der Bildung im Zusammenhang mit einer Myopie weiter verdeutlicht", erklärt Pfeiffer. "In weiteren Untersuchungen werden wir den Einfluss von Naharbeit am Bildschirm oder durch die Nutzung von Smartphones genauer untersuchen." (red, 12.11.2016)