Airbus hat heuer weniger Aufträge an Land gezogen als bisher angenommen – von Jänner bis September netto nur 380 Flugzeugbestellungen.

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Alain Flourens, bei Airbus verantwortlich für den A380, hat angekündigt, dass die Fertigungsschienen in Toulouse und anderen europäischen Werken im Herbst die Produktion der doppelstöckigen Maschine (Stückpreis 430 Millionen Dollar) zurückfahren. Er bestätigte damit, was Airbus schon im Sommer angekündigt hatte: Ab 2018 wird nur noch ein A380 pro Monat ausgeliefert. Das ist laut Flugexperten das Minimum, um industriell wie finanziell nicht in Rücklage zu geraten. Gegenwärtig beträgt der monatliche Rhythmus zweieinhalb Stück. "Diese Entscheidung erlaubt es uns, die Auslieferungen zu glätten, während wir auf neue Aufträge warten", meinte Flourens in Le Figaro.

Exakter wäre wohl der Ausdruck "strecken": Der Grund für die Senkung der Stückzahlen ist natürlich der magere Auftragseingang für den 2007 in Betrieb genommenen A380. Seit drei Jahren haben ihn die internationalen Airlines kaum mehr bestellt. Iran Air hat zwar zu Jahresbeginn eine Absichtserklärung über ein Dutzend Superjumbos abgegeben, wartet aber laut Flourens noch auf die Exportlizenz. Auch in Toulouse mehren sich die Zweifel, ob die Iraner wirklich kaufen werden. Sehr vage ist auch noch ein Kaufwunsch von Hawaiian Airlines.

Wenig Zuwachs in Auftragsbüchern

Airbus verweist darauf, dass die Auftragsbücher für den A380 noch auf mehrere Jahre hinaus gefüllt seien. Von den 319 seit Baubeginn bestellten Exemplaren warten immer noch 124 auf die Auslieferung. Heuer werden 27 Maschinen ausrollen, gleich viele wie 2015 und nur drei weniger als in den Spitzenjahren zuvor. "Der A380 behauptet seinen Platz in der Angebotspalette von Airbus", meint Flourens, der wie viele Franzosen in Toulouse optimistischer klingt als deutsche Ingenieure. "Dieses Flugzeug ist eine perfekte Antwort auf die Zunahme des Flugverkehrs und der Sättigung der Flughäfen."

Die Luftfahrtorganisation IATA veranschlagt die Zunahme des Flugverkehrs auf sechs Milliarden Passagiere im Jahr 2030, verglichen mit 3,4 Milliarden im Jahr 2015. Großflughäfen wie London-Heathrow sind angewiesen auf den A380, von dem täglich 52 Maschinen in der britischen Hauptstadt landen.

Steigende Passagierzahlen

Airlines wie Emirates und Singapore, die den A380 im Dutzend erworben haben, bleiben trotzdem die Ausnahme. Ein Grund ist, dass das internationale Flugverkehrsmanagement (ATM) zuletzt stark verbessert wurde, sodass die Flughäfen und -gesellschaften den Passagierandrang viel schneller abwickeln können. Aus diesem Befund zieht Airbus aber auch ein Argument, weiter an den A380 zu glauben: Das ATM stößt heute an seine Grenzen, während die Passagierzahlen weiter rapide zunehmen. Deshalb hofft Airbus auf ein baldiges Ende der A380-Auftragsflaute.

Ob das Herunterfahren der Fertigung nur vorübergehend sein wird oder das Ende des A380 einläutet, muss sich laut Branchenanalysten schon in den nächsten drei Jahren entscheiden. Sicher ist hingegen, wie sehr sich Airbus mit seinen A380-Prognosen getäuscht hat. Vor allem die US-Airlines zeigen dem A380 weiterhin die kalte Schulter. Die Europäer hätten aus dem Schicksal des Überschallflugzeugs Concorde den Schluss ziehen können, dass die Amerikaner dem europäischen Prestigeprojekt eben nicht nur kommerzielle Einwände entgegenbringen, sondern auch aus staatspolitischen Gründen auf Boeing setzen.

Konkurrent im eigenen Haus

Wie sich heute zeigt, konkurrenzierte sich Airbus selbst mit seiner Neuentwicklung A350: Diese Antwort auf Boeings 787 kommt heute auf ähnliche Kosten pro Passagiersitz wie der A380. Deshalb verlangt Emirates-Chef Tim Clark die milliardenschwere Entwicklung einer Neuversion des A380, um mit Motoren der neuesten Generation mehr Sprit sparen zu können. Flourens erteilt diesem Ansinnen indirekt eine Absage. "Wir könnten zwar neue Versionen entwickeln, doch die Airlines wollen heute eher eine Optimierung des bestehenden Flugzeugs." (Stefan Brändle aus Paris, 13.10.2016)