"Runter mit den Schulden, runter mit den Ausgaben, runter mit den Steuern": Auf diesen – wie er sagt – "volkstümlichen" Nenner brachte Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) bei seiner Budgetrede seine Politik. DER STANDARD zeigt, wohin das Geld fließt – und wofür es ausgegeben wird. Ein Überblick:

  • Inneres und Landesverteidigung:

Die Regierung hat in den vergangenen Wochen neue sicherheitspolitische Prioritäten gesetzt – und diese finden sich auch in den Budgetansätzen für die beiden Sicherheitsressorts.

Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil darf sich über die erste Tranche einer bis 2020 geplanten Ausweitung des Finanzrahmens für sein Ressort freuen – insgesamt soll es für die Landesverteidigung (BMLVS) 1,155 Milliarden Euro zusätzlich geben, erstmals wird das 2017 auch im Budget ersichtlich. Die für 2017 geplanten Auszahlungen übersteigen den Bundesvoranschlag 2016 um 246,4 Millionen Euro.

Für die Ausweitung des Assistenzeinsatzes gibt es zusätzliche Mittel.
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Stärkung der Miliz

"Das Bundesheer setzt die zur Verfügung stehenden zusätzlichen Mittel für die im gegenwärtigen sicherheitspolitischen Kontext erforderlichen Zwecke ein: Es erfolgte und erfolgt eine Stärkung der Milizkomponente zum besseren Schutz der kritischen Infrastruktur, eine stärkere Beschaffungstätigkeit, um die Mannesausrüstung von Soldatinnen und Soldaten, Fahrzeuge und andere Ausrüstung auf den aktuellen Stand zu bringen und so die neuen Herausforderungen besser bewältigen zu können, sowie eine Rekrutierungsoffensive, um erforderliche, im Personalplan vorgesehene Personalaufstockungen von kurzzeitig verfügbaren Kräften bzw. Zeitsoldaten umzusetzen", heißt es in den Erläuterungen.

In den 2,318 Milliarden, die 2017 für das BMLVS veranschlagt sind, sind 150 Millionen Euro zusätzliche Mittel für Investitionen, Personal und Betrieb enthalten – 93 Millionen sind dem Sonderinvestitionspaket zuzurechnen.

Unterstützungsleistungen

Ein weiterer Teil der Erhöhung ist Unterstützungsleistungen für das Innenministerium (BMI) in der Höhe von 24 Millionen Euro und 49 Millionen Euro für den Assistenzeinsatz gewidmet.

Insgesamt rechnet man im Verteidigungsministerium mit 166 Millionen für die Abgeltung von Unterstützungsleistungen und Assistenzleistungen im Rahmen der Migrationskrise. Auch soll der Erlös aus Forstwirtschaft, der Refundierung von UN-Einsätzen oder dem Verkauf von Geräten künftig beim Heer bleiben.

Das Innenressort darf im kommenden Jahr 440,5 Millionen mehr ausgeben, als für heuer veranschlagt waren. Die größten Brocken sind dabei 134,3 Millionen Euro zusätzlich für Personalkosten (Gehälter und Mehrdienstleistungen) sowie 121,9 Millionen für die Grundversorgung von Flüchtlingen und 40,9 Millionen für das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (hier wieder vor allem zusätzliches Personal).

  • Bildung:

Für den Bereich Bildung sind für das Jahr 2016 knapp acht Milliarden Euro veranschlagt. Ein Löwenanteil – laut Bildungsministerium 80,8 Prozent – wird davon für Lehrer verwendet.

Weil die Länder regelmäßig mehr Geld für Lehrer ausgeben als vom Ministerium veranschlagt, entsteht dadurch jährlich eine Lücke. 2016 waren es 525 Millionen Euro. Heuer wird dieses Loch mit zusätzlichen Mitteln gestopft. Wie es 2017 geschlossen werden soll, wird im Budget derzeit noch offengelassen.

Warten auf Finanzausgleich

Erst wenn die geplante Bildungsreform fixiert und der neue Finanzausgleich mit den Ländern abgeschlossen ist, soll dieses Problem gelöst werden. Im Finanzministerium hatte man die Aufschiebung vor zwei Tagen noch dementiert. Schon im Vorhinein gewidmet sind für die Budgetlücke allerdings 250 Millionen Euro, im Bildungsministerium rechnet man noch zusätzliche 50 Millionen Euro für Mieten zu dieser Summe.

Im Budget selbst sind 2017 Mehraufwendungen von rund 650 Millionen Euro gegenüber dem Jahr davor eingeplant. Diese ergeben sich vor allem aus Bezugserhöhungen, der Fortsetzung der Finanzierung des Ganztagsschulausbaus sowie des Ausbaus der Neuen Mittelschule und der Integration von Flüchtlingskindern an den Schulen. Dämpfend wirkte dagegen der Wegfall der Mittel für die Stundung der Mieten für Schulen im Jahr 2014, die 2016 nachbezahlt werden mussten.

Für Wissenschaft und Forschung sind im Budget 2017 rund 4,3 Milliarden Euro eingeplant. Das ist ein leichtes Plus im Vergleich zum Vorjahr. Den Universitäten ist das zu wenig, sie fordern eine Budgeterhöhung.

  • Beamte:

Im Budgetbericht sind 138.535 Planstellen für Bundesbedienstete in der Bundesverwaltung ausgewiesen, für das laufende Jahr waren es 137.277.

Gut die Hälfte dieses Zuwachses entfällt auf die Exekutive, die kommendes Jahr 31.995 Planstellen haben soll. Im Kleingedruckten zur Planstellenübersicht findet sich die Anmerkung: "Die aktuellen Migrationsbewegungen und damit zusammenhängende geopolitische Herausforderungen bedingen zusätzliche personelle Ressourcen in den Bereichen Bundesverwaltungsgericht, Bundesamt für Fremdenrecht und Asyl, Exekutive Inneres und Justiz sowie im Lehrerbereich. Dabei wird davon ausgegangen, dass ein Teil dieser zusätzlichen Ressourcen in den Jahren (ab) 2018 wieder abgebaut werden kann."

Inklusive Post, ÖBB und ehemaliger Landeslehrerinnen und Landeslehrer hat der Bund für 245.660 Ruhe- und Versorgungsgenussbezieher zu sorgen – obwohl deren Zahl um mehr als 4700 abgenommen hat, steigt die Summe der Auszahlungen für diese Gruppe von Pensionisten (inklusive Pflegegeld) um 146 Millionen Euro auf 9,246 Milliarden Euro. Die Pensionsanpassung 2017 (der Durchschnitt des VPI August 2015 bis Juli 2016 betrug 0,8 Prozent) ist bereits einberechnet.

  • Familie:

Im Familienbereich stehen einige Reformen an, die einerseits Eltern mehr Geld bringen und andererseits mehr Flexibilität erlauben. Ab März 2017 gilt das neue Kinderbetreuungskonto. Eltern haben dadurch die Möglichkeit, die Bezugsdauer im Rahmen eines Gesamtbetrages von bis zu 15.450 Euro individuell zu planen. Außerdem gibt es einen Partnerschaftsbonus von 1000 Euro, wenn die Kinderbetreuung "annähernd gleich aufgeteilt" wird, wie es im Finanzbericht 2017 heißt. Bis zum Jahr 2020 fallen laut Familienministerium hierdurch 150 Millionen Euro mehr für Eltern ab.

Im März nächsten Jahres soll das neue Kinderbetreuungskonto eingeführt werden.
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Mehr Geld für Väter und Mütter bringt außerdem die erneute Erhöhung der Familienbeihilfen um 1,9 Prozent ab Jänner 2018. Für rund 100 Millionen Euro pro Jahr an Entlastungen sollen laut Finanzbericht die höheren Freibeträge sorgen.

Weiter investiert wird in den Ausbau der außerfamiliären Kinderbetreuung: "In den Jahren 2014 bis 2017 fließen vonseiten des Bundes 305 Mio. € in die Schaffung neuer Plätze für 0- bis 5-Jährige", wird festgehalten. Klar ist: Österreich hinkt mit derzeit 27,4 Prozent bei den unter Dreijährigen dem Barcelona-Ziel (33 Prozent) nach – eine Vorgabe, die bereits im Jahr 2010 hätte erfüllt sein sollen.

  • Kultur:

Wenn Kulturpolitiker von Budgets sprechen, fällt gerne das Wort "absichern" – Status quo retten, Vielfalt garantieren, Zahlen halten. Solange dieselbe Leistung immer noch günstiger zu machen war, ist so der Kulturanteil am Gesamtbudget in den letzten 20 Jahren sukzessive von 1,5 auf heute 0,5 Prozent gesunken.

2016 waren die Bundesausgaben für Kultur auch in nackten Zahlen zurückgegangen: von 441,7 Millionen (2015) auf 441,2 Millionen Euro. Für 2017 scheint Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) mit dem Finanzminister aber gut verhandelt zu haben. Insgesamt gibt es ein beachtliches Plus von 13,1 Millionen auf 454,3 Millionen Euro.

Haus der Geschichte

Zusätzlich zu den "Notwendigkeiten", wie Drozda sagt, sei es ihm durch die signifikante Erhöhung auch möglich, Schwerpunkte zu setzen, also gestalterischen Spielraum zu haben.

Unter Notwendigkeit fallen 3,7 Millionen mehr für die Museen: 730.000 gehen an die Nationalbibliothek, der künftig das Haus der Geschichte strukturell angedockt wird. Das Leopold-Museum erhält eine Million dazu und wird 2017 mit 4,3 Millionen subventioniert. Insgesamt 110,9 Millionen fließen in die Bundesmuseen, sie bekommen zwei Millionen mehr als im Vorjahr.

Das Haus der Geschichte, dem nun auch das Finanzministerium seinen Sanktus erteilt hat, wird in der Neuen Burg realisiert und schlägt 2017 mit fünf Millionen Euro zu Buche. Die angepeilte Eröffnung im Jahr 2018 will Drozda schaffen.

Schwerpunkte setzt der Minister bei freiberuflichen Künstlern, konkret mit drei Millionen für den Ausbau von Stipendien und Ateliers sowie drei Millionen für freie Kulturvereine. Im Fokus stehen sollen dabei Initiativen im Bereich Integration, Musik und Mobilität.

  • Soziales, Pensionen und Arbeitsmarkt:

Ausgaben für Pensionen gehen erstmals leicht zurück: Nach Jahren der Kostensteigerung wird es bei den Pensionen im Jahr 2017 erstmals niedrigere Ausgaben geben. Konkret sind 10,68 Milliarden Euro veranschlagt – um rund 90 Millionen Euro weniger als heuer. Im Vergleich zum Finanzrahmen vom April wurde damit die Prognose für 2017 deutlich nach unten korrigiert. Damals ging das Sozialministerium noch von einem Staatszuschuss zu den Pensionen von 11,3 Milliarden Euro aus. Von einer nachhaltigen Trendumkehr kann aber noch nicht gesprochen werden. In den Folgejahren wird wieder mit einem Anstieg gerechnet. 2020 wird der Staat laut aktuellen Schätzungen der Pensionsversicherung 13,3 Milliarden Euro zuschießen müssen.

Dazu kommen noch die Beamtenpensionen, die extra verbucht werden. Sie werden im kommenden Jahr voraussichtlich 9,25 Milliarden Euro kosten und ebenfalls in den Folgejahren weiter steigen. Fasst man beide Bereiche zusammen, ergibt sich zwischen 2015 und 2020 eine Kostensteigerung von 23,4 Prozent.

Teurer Arbeitsmarkt

Kräftige Ausgabensteigerungen hat das Ressort von Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) auch im Bereich Arbeitsmarkt zu verzeichnen. 8,63 Milliarden Euro sind hierfür im Jahr 2017 vorgesehen. Das ist um immerhin 41 Prozent mehr als noch im Jahr 2012, also die Ausgaben bei lediglich 6,1 Milliarden lagen. Der neuerliche Anstieg ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Zum einen wird mit einem weiteren Anstieg der Arbeitslosenzahlen gerechnet. Laut aktueller Wifo-Prognose wird es im Jahresschnitt 2017 rund 377.000 Jobsuchende geben. Finanzminister Schelling konnte sich in diesem Zusammenhang einen Seitenhieb auf Stöger nicht verkneifen. Er versteht nicht, warum es trotz der Rekordarbeitslosigkeit auch 45.000 offene Stellen gibt.

Die steigende Inanspruchnahme der Altersteilzeit beziehungsweise Teilpension verursacht Mehrkosten von 127,4 Millionen Euro. Maßnahmen für besonders von Arbeitslosigkeit betroffene Gruppen verursachen zusätzliche Ausgaben von 100 Millionen Euro. Fördermaßnahmen in diesem Bereich können künftig auch von Asyl- und Schutzberechtigten in Anspruch genommen werden.

Für Soziales und Konsumentenschutz werden im kommenden Jahr 3,1 Milliarden Euro aufgewendet. Leichte Steigerungen (plus 29,9 Millionen Euro) gibt es beispielsweise bei der 24-Stunden-Betreuung. Beim Pflegegeld und der Pflegekarenz wird mit Mehrkosten in Höhe von 18,3 Millionen Euro gerechnet. (cs, go, koli, pm, stew, 12.10.2016)