Wien – Mit "Urbanize" sollte zunächst eigentlich nur der zehnte Geburtstag des Wiener Stadtforschungsmagazins "dérive" gefeiert werden. Schon bald wurde den Initiatoren aber klar, dass das "breite Feld" der Stadtentwicklung nicht an einem Abend abzuhandeln ist, erzählt Festivalleiterin Elke Rauth dem STANDARD. Aus zehn Veranstaltungen in zehn Tagen zum 10-jährigen Jubiläum im Jahr 2010 – so die damalige Idee für das Ereignis – wurde schließlich ein internationales, regelmäßig stattfindendes Festival. Zum siebenten Mal zeigen heuer Wissenschafter, Kulturschaffende und Stadtaktivisten, was Stadtforschung in der Praxis bedeuten kann.

Unter dem Titel "Housing the Many – Stadt der Vielen" wird die Frage gestellt, wie vor dem Hintergrund der wachsenden Stadt Partizipation und Selbstorganisation in großem Maßstab gedacht werden können. "Wie lässt sich Beteiligung beschleunigen? Wie wird aus der Alternative für wenige ein Angebot für viele?" Erstmals wird "Urbanize" in zwei Städten ausgetragen: Von 23. September bis 2. Oktober wurde das Gängeviertel im deutschen Hamburg zur Festivalzentrale. Von Mittwoch bis Sonntag, 16. Oktober findet "Urbanize" in Wien statt. Ein Programmüberblick in Bildern.

Das Festival wird am Mittwochabend ab 18 Uhr mit einer "demonstrativen Parade" eröffnet. Der Umzug mit "Tröten, Pauken und Trompeten" startet am Yppenplatz in Wien-Ottakring und endet in der Festivalzentrale "Gschwandner" in Wien-Hernals, wo ab 20 Uhr eine Eröffnungsgala gefeiert wird.

Simon Perry

Als Festivalzentrale wird das "Gschwandner" in der Geblergasse im 17. Bezirk zwischengenutzt. In dem 1838 von Weinbauer Johann Gschwandner errichteten "Grand Etablissement" wurden schon damals Events aller Art ausgetragen – von Varietéaufführungen bis zu Schrammelkonzerten.

Karolina Plaskova

Im "Gschwandner" wird auch eine Filmothek eingerichtet. Neben Mitschnitten von "Urbanize"-Veranstaltungen in Hamburg wird dort etwa der Kurzfilm "Bonnington Square" gezeigt – über eine Hausbesetzung in London, aus der sich eine alternative Stadtgemeinschaft entwickelte.

Alistair Oldham

Beim Spaziergang durch den Ottakringer Sandleitenhof – mit seinen mehr als 4.000 Bewohnern einer der größten Gemeindebauten Wiens – geht es um Geschichte, Gegenwart und Zukunft des legendären Wohnprojekts. Wie können die leerstehenden Räumlichkeiten, die früher etwa Kultur- und Bildungsstätten waren, wieder genutzt werden? Wie kann Gemeinschaft unter den Bewohnern entstehen?

Johannes Hloch

Beim Workshop "Radikal soziale Wohnungswirtschaft" erklärt ein Rechtsanwalt, wie sich Wohnbaukosten und Mietpreise zusammensetzen und stellt ein alternatives Finanzierungskonzept für leistbares Wohnen vor: den "Vermögenspool".

Hans-Jörg Walter

Bei "A Question of Scale?" diskutieren am Samstag Stadtforscher, Soziologen und Planer im Architekturzentrum die Frage, wie selbstorganisierte Initiativen in größerem Maßstab in die Stadtentwicklung einfließen könnten.

Ronnie Hughes

Am Sonntag lädt "Urbanize" nach Rothneusiedl an den Wiener Stadtrand im zehnten Bezirk. Das Stadtentwicklungsgebiet mit dem historischen Haschahof, um dessen Erhalt gekämpft wird, soll gemeinsam in einer "Feldforschung" erkundet werden.

Sabine Bitter, Helmut Weber

Zum Abschluss gibt es einen Rückblick: "Urbanize" wurde 2015 im damals noch leerstehenden Gebäude in der Vorderen Zollamtsstraße ausgetragen, in das die Universität für angewandte Kunst einziehen soll. Noch bevor das Festival im Herbst 2015 begann, wurde das Gebäude über Nacht zur Notunterkunft für Flüchtlinge. Die Filmemacherin Andrea Seidling dokumentierte die entstandene Kooperation zwischen Künstlern, Flüchtlingen und Betreuern in einem Film.

Johanna Richter

Das vollständige Festivalprogramm gibt es hier. (cmi, 12.10.2016)

Whit Andrews