Bengt Holmström (links) und Oliver Hart erhalten den diesjährigen Wirtschaftspreis im Gedenken an Alfred Nobel.

Foto: Harvard/MIT

Stockholm – Der sogenannte Nobelpreis für Wirtschaft geht in diesem Jahr an den Briten Oliver Hart und den Finnen Bengt Holmström für ihren Beitrag zur Vertragstheorie. Holmström (Massachusetts Institute of Technology) und Hart (Uni Harvard) hätten neue theoretische Werkzeuge entwickelt, die für das Verständnis moderner Wirtschaften, die von unzähligen Verträgen zusammengehalten werden, von großer Bedeutung seien, begründete die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften ihre Entscheidung.

Ihre Forschungen seien unter anderem wertvoll für das Verständnis von Vertragskonstrukten, etwa von Topmanagern, aber ebenso für mögliche Fallstricke bei der Vertragsgestaltung. Zudem lieferten sie die intellektuelle Grundlage für viele Bereiche "vom Konkursrecht bis zu politischen Verfassung".

Problemanalyse und Lösungsfomulierung

Der 68-jährige Hart habe mit seinen Arbeiten einen Beitrag zu einem Verständnis dessen geliefert, welche Unternehmen fusionieren sollten und wie die Finanzierung gelingen könne, erklärte die Akademie. Zudem habe er zu einem Verständnis davon beigetragen, wann öffentliche Einrichtungen wie Schulen besser privatisiert werden sollten. Die Arbeiten des 67-jährigen Holmström wiederum hätten dazu beigetragen, Verträge für Führungskräfte zu gestalten.

Abkommen wie die zwischen Aktionären und Topmanagern, zwischen Versicherern und Autobesitzern oder einer Behörden und ihren Lieferanten würden Interessenkonflikte in sich bergen. Die beiden Preisträger hätten mit ihren Forschungen auf dem Gebiet der Vertragstheorie dabei geholfen, Probleme zu analysieren und Lösungen zu formulieren – etwa für eine leistungsgerechte Entlohnung von Führungskräften oder Selbstbehalte und Zuzahlungen bei Versicherungen.

Sinnvolle Versicherungssummen

Auch Alexander Mürmann, Professor für Risikomanagement und Versicherungen an der WU Wien, kennt die Werke der beiden "sehr gut". Mürmann besuchte 1997 als Doktorand an der London School of Economics eine von Harts Vorlesungen und schätzt ihn auch auf menschlicher Ebene: "Er ist ein sehr netter Mensch."

"Toll an den Arbeiten ist, dass es ein fundamentales Thema der Wirtschaftswissenschaften ist, das in der Praxis konkret angewandt wird", so Mürmann, "und das in den unterschiedlichsten Bereichen des Wirtschaftslebens. Besonders für die Versicherungsbranche ist die Vertragstheorie enorm wichtig." Mit ihrer Hilfe könnten die Unternehmen herausfinden, welche Versicherungssummen sinnvoll sind – und ihre Kunden verstehen, weshalb sie bei einem Verlust nicht den ganzen Schaden erstattet bekommen.

Ein Beispiel ist die Autoversicherung: "Wenn ich voll versichert bin, habe ich nicht so einen großen Anreiz, vorsichtig zu fahren", erklärt die Wirtschaftswissenschafterin Tessa Bold von der Universität Stockholm. Während Holmström etwa zeigte, wie Anreize und Risiken in einem Vertrag abgewogen werden können, ging Hart davon aus, dass es vieles gibt, was nur schwierig in Verträgen festgehalten werden kann. "Verträge sind von Natur aus unvollständig", so Bold. "Was er (Hart) herausgefunden hat, ist, dass das Wichtigste ist, wer den Besitzanspruch an bestimmten Investitionsgütern hat und wer so die Rechte hat, Entscheidungen zu treffen."

Kein klassischer Nobelpreis

Anders als die klassischen Nobelpreise geht die Auszeichnung nicht auf das Testament des schwedischen Industriellen Alfred Nobel zurück. Gestiftet von der schwedischen Reichsbank, kam der Preis erst 1968 hinzu und zählt deshalb auch offiziell nicht zu den Nobelpreisen.

Auf der offiziellen Twitter-Seite des Nobelpreises wird Preisträger Oliver Hart wie folgt zitiert: "Zuerst habe ich meine Frau umarmt, dann meinen Sohn aufgeweckt – und dann mit meinem ebenfalls ausgezeichneten Kollegen gesprochen."

Die mit acht Millionen schwedischen Kronen (rund 830.000 Euro) dotierte Auszeichnung wird aber gemeinsam mit den anderen Nobelpreisen am 10. Dezember, dem Todestag Nobels, verliehen. Im vergangenen Jahr hatte die Königlich-Schwedische Wissenschaftsakademie den britischen Ökonomen Angus Deaton geehrt. (red, APA, 10.10.2016)