Ganz lustig, ganz abwechslungsreich – das Berliner Performerquartett Showcase Beat Le Mot mit seinem Stück "Nazisupermenschen".

Foto: Mosemann

Wien – Am Wochenende waren "Nazisupermenschen" in Wien, die uns "allen überlegen" sind. Zwei Abende Zwischenlandung auf der Bühne des Brut-Theaters genügten dem Berliner Performerquartett Showcase Beat Le Mot. Dann rauschte es weiter durch unser Universum Kappa 64. Hoffentlich kommen die vier Helden nach ihrem Kampf im "Horror Of The Ordinary" gesund wieder zurück in ihr Heimatall, das sie Lambda drei nennen. Und dessen Hitler Alfred hieß.

Ihr Stück ist wie ein Fanal, ein Zeichen dafür, dass allzu irdische "Avengers" ("Rächer") zwischen Boden- und Neusiedler See landen und den Einwohnern dort mit ihren Kornblumenzeichen die Sinne verwirren könnten. Aber das Stück Nazisupermenschen sind euch allen überlegen – The Horror Of The Ordinary ist keine Österreich-Vermessung, sondern als Satire auf Popbasis gedacht, die den heiligen Ernst der bösen Ideologie lächerlich macht.

Das klingt toll, aber kollateral verbiegt Showcase Beat Le Mot auch die im Zerrspiegel der Medienkultur ohnehin deformierte Kritik am Nationalsozialismus zusätzlich. Das ohnehin nicht auf Vertiefung eingestellte Hipsterpublikum im Brut hat das gut verkraftet. Und es sprach auch gerne dem Buffet zu, das bayerischen Obatzten mit Blut-des-Herrn-Rotwein bietet. Am Ende war alles ganz lustig und abwechslungsreich. Mit einer Zeitmaschinenreise, zehn Missionen inklusive Besuch bei Cäsar, dem der Hitlergruß beigebracht wird, und Kleopatra als spiegelnder Passagierin an Bord. Überall, wo die Supers landen, stellen sie etwas an. Unversehens landen sie in unserem Universum, dessen Hitler Adolf heißt. Die Reisenden besuchen ihn in seiner Kanzlei und berauben ihn mit König Artus' Excalibur-Schwert seiner Kräfte.

Köstliche Subversion

Bewundernswert, wie viel sich die Showcase-Boys Nikola Duric, Dariusz Kostyra, Thorsten Eibeler und Veit Sprenger einfallen lassen, um den Nazikult samt verwandtem Superheldenmythos zu kippen sowie zugleich die Auren des Historischen (Dschingis Khan), des Religiösen (Jesus), der Wissenschaft (Urknall), des Pop (Konzeptalbum) und der Wirklichkeit (Paralleluniversen) zu verblasen. Keine Ahnung, ob der Obatzte köstlich war. Die Showcase-Subversion gegenüber diesen Kulturmythen war es sicher.

Aber weil gerade zwischen Fernsehen und Youtube, Film und Musik alles ironisch daherkommt, über das sich nur ein paar krustige Volksväterchen dort und da ärgern, fällt der ganze "Nazisupermenschen"-Spaß hierzulande nicht wirklich auf. Da zeigt sich keine Schärfe. Das ist beunruhigend. Und erzeugt die Frage: Wenn Ironie zur Norm wird, welche Art von Pathos balanciert diese Norm aus?

Die guten Herren von Showcase Beat Le Mot stellen indirekt auch dar, was die unendliche Indifferenz der postmodernen europäischen Dauerironie auf so gut wie allen Ebenen kostet: Fakten und Fiktionen verschmelzen miteinander, dadurch wird die Wirklichkeit zu einer immer unheimlicheren Bedrohung.

Hoffentlich setzt sich nicht das Gefühl durch, dass da nur Superhelden – die Banalität des Schreckens gegen das Unheimliche im Witz – helfen können. (Helmut Ploebst, 10.10.2016)