Offiziell stammt die Hitler-Biografie "Adolf Hitler. Sein Leben und seine Reden" von Victor von Koerber. Möglicherweise hat sie aber Hitler selbst verfasst.

Foto: University of Aberdeen

Hitler soll General Erich Ludendorff (Mitte) beauftragt haben, einen konservativen Autor zu finden, der seinen Namen für die Autobiografie hergibt. Offenbar wurde er bei dem Aristokraten Victor von Koerber (rechts) fündig.

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Edinburgh/Wien – Die erste Biografie von Adolf Hitler, die ihn 1923 als "Retter Deutschlands" beschrieb, wurde laut neuen Forschungen des deutschen Historikers Thomas Weber vom NS-Diktator selbst geschrieben. Bei Recherchen in einem Archiv in Südafrika habe er mehrere Dokumente gefunden, die für diese These sprächen, sagt Weber, der an der Universität im schottischen Aberdeen lehrt.

Offiziell stammt das Werk "Adolf Hitler. Sein Leben und seine Reden" von Victor von Koerber. Weber, der auch Gastdozent an der US-Eliteuni Harvard ist, hatte nach eigenen Angaben an der Universität von Witwatersrand in Johannesburg Papiere aus von Koerbers Nachlass durchforstet. Dabei habe er eine unterschriebene eidesstattliche Erklärung der Ehefrau des Herausgebers der Biografie gefunden, wonach von Koerber das Buch nicht geschrieben hat. Vielmehr habe Hitler General Erich Ludendorff gefragt, ob dieser für ihn einen konservativen Autor finden könne, der keinerlei Verbindungen zur NSDAP habe und der seinen Namen für die Biografie hergebe.

Weiterer Hinweis in Dokument von 1938

Weber beruft sich außerdem auf eine Erklärung von Koerbers und auf einen Brief, den von Koerber an einen Mann schrieb, der mit ihm im Konzentrationslager inhaftiert war, in dem er sich über Hitlers Autorschaft äußerte. Nach den Funden in Südafrika entdeckte Weber in Deutschland ein Dokument aus dem Jahr 1938, in dem von Koerber andeutet, dass Hitler das Buch geschrieben hat. Demnach sei es "auf Initiative und unter aktiver Beteiligung von Adolf Hitler" entstanden.

In der Biografie wird Hitler mit Jesus verglichen, das Buch selbst wird als "neue Bibel von heute" angepriesen. Laut Webers Analyse enthält die Biografie einen Hinweis auf Hitlers "politische Erweckung" in einem Militärkrankenhaus, der in fast identischen Worten auch in Hitlers Autobiografie "Mein Kampf" enthalten ist.

Der Historiker geht davon aus, dass Hitler von Koerber wegen seiner aristokratischen Herkunft und seines Ansehens als Kriegsheld zum offiziellen Autor seiner Biografie gemacht hat. Für Weber sind die Beweise für die Autorenschaft Hitlers zugleich ein Beleg dafür, dass Hitler ein "intriganter politischer Akteur mit einem meisterhaften Verständnis politischer Prozesse und Darstellungen" gewesen sei, lange bevor er seine erste offizielle Autobiografie "Mein Kampf" geschrieben habe.

Hitler als der "deutsche Retter"

Die nun vorliegenden Unterlagen belegen laut Weber, dass die Biografie von 1923 den Zweck verfolgt habe, "Hitlers Profil als der 'deutsche Retter' zu fördern, und dass er selbst in diesem frühen Stadium seiner Karriere ein gerissener und manipulativer politischer Akteur war". Die Biografie unter falschem Namen sei ein "schamloser, aber cleverer Akt der Selbstvermarktung" gewesen. (APA, 10.10.2016)