Die liberalpopulistische Partei Ano des Finanzministers und Milliardärs Andrej Babiš dominierte die Wahl.

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Die Regional- und Teilsenatswahlen, die am Freitag und Samstag in Tschechien abgehalten wurden, endeten mit einem Triumph für die liberalpopulistische Partei Ano des Finanzministers und Milliardärs Andrej Babiš. Ano gewann in neun von 13 Kreisen, in denen die Regionalparlamente gewählt wurden. Die Sozialdemokraten (ČSSD) erlangten die Mehrheit in zwei Kreisen, die Christdemokraten (KDU-ČSL) in einem. Im Kreis Liberec in Nordböhmen bekam eine rein regionale Liste die meisten Stimmen.

Ano dominierte auch die Senatswahl und kann bei weitem am meisten Kandidaten in die Stichwahlen in einer Woche schicken – konkret für 14 der 27 neu zu vergebenden Sitze. Die stärkste Regierungspartei, die sozialdemokratische ČSSD, verzeichnet herbe Verluste. Mit etwas mehr als 34 Prozent Wahlbeteiligung war das Interesse an dem Urnengang äußerst bescheiden.

Bedeutung für ganz Tschechien

Dabei hatten beide Wahlen durchaus Bedeutung für das gesamte Land. Bei den Regionalwahlen wurden in 13 der insgesamt 14 Kreise neue Regionalparlamente gewählt, die in der politischen Struktur Tschechiens etwa den österreichischen Landtagen entsprechen. Nur die Hauptstadt Prag wählt traditionell an einem anderen Termin: Sie ist Stadt und Kreis zugleich, die Abgeordneten im Prager Rathaus wurden vor zwei Jahren in Kommunalwahlen bestimmt.

Am meisten hatte bei den Regionalwahlen der sozialdemokratische Premierminister Bohuslav Sobotka zu verlieren, obwohl er selbst gar nicht antrat. Innerhalb seiner ČSSD steht Sobotka nämlich unter Druck – nicht zuletzt deshalb, weil die Partei in Umfragen zuletzt an Beliebtheit eingebüßt hat und deutlich hinter Ano lag. Die Bestätigung dieses Trends in den Regionalwahlen dürfte den parteiinternen Gegnern Sobotkas Auftrieb geben. Die ČSSD musste jedoch immerhin die Führungsrolle in 11 der 13 Kreise verteidigen – ein Ziel, das selbst für die größten Optimisten in der Partei unerreichbar schien. Sobotka bekannte die Niederlage seiner Partei ein, sieht jedoch keine negativen Auswirkungen auf die Regierungsarbeit: "Die Opposition hat in den Regionalwahlen nicht gewonnen", sagte er zu der Kräfteverschiebung innerhalb der Regierungskoalition.

Ringen um Mehrheit im Oberhaus

Bei den Teilsenatswahlen wiederum werden 27 der insgesamt 81 Sitze im Oberhaus des Parlaments neu vergeben. Alle zwei Jahre wird ein Drittel der Senatoren für sechs Jahre gewählt. Der Senat löst sich also – im Unterschied zum Abgeordnetenhaus – nie auf und garantiert somit die kontinuierliche Funktionstüchtigkeit zumindest einer der beiden Parlamentskammern.

Wenn der Senat einen Gesetzesbeschluss des Abgeordnetenhauses ablehnt, kann er zwar mit absoluter Mehrheit aller Abgeordneten wieder überstimmt werden, dennoch spielt er, vor allem bei knappen Entscheidungen, eine mehr als nur symbolische Rolle im Legislativprozess. Die Kandidaten werden direkt gewählt, die Stichwahlen finden in einer Woche statt.

Antiislamischer Insektenforscher

Bei der aktuellen Senatswahl ging es vor allem darum, ob die Regierungskoalition aus ČSSD, Ano und der christdemokratischen KDU-ČSL die Mehrheit behält – oder ob künftig andere Mehrheitsverhältnisse dem Kabinett Sobotkas das Leben schwer machen können.

Mit Spannung wurde außerdem das Abschneiden von Martin Konvička erwartet, dem Gründer des "Blocks gegen den Islam", der mittlerweile durch die "Initiative Martin Konvička" ersetzt wurde. Der Insektenforscher Konvička ist durch seine radikale Ablehnung jeglicher muslimischer Zuwanderung bekannt geworden und bewarb sich im südböhmischen Tábor um einen Senatssitz. In die Stichwahl schaffte er es aber nicht.

Wahlkampfthema Migration

Obwohl es in Tschechien nur wenige Flüchtlinge gibt, war die Migration auch hier ein wichtiges Wahlkampfthema. Verpflichtende Quoten zur Verteilung von Flüchtlingen lehnen so gut wie alle Parteien ab. Premier Sobotka, der sich dennoch für gesamteuropäische Lösungen stark macht, steht jedoch in krassem Gegensatz zu Präsident Miloš Zeman, der in der Bevölkerung viele Anhänger hat und einen radikalen Abschottungskurs vertritt. (Gerald Schubert, 8.10.2016)