Wien – Mit arrivierten Choreografen arbeiten zu können, ist der Traum wohl der meisten Absolventinnen und Absolventen von Tanzausbildungen. Bei Impulstanz ist das seit Jahren gängige Praxis, aber es wird auch vom Tanzquartier Wien (TQW) versucht. Was dabei herauskommen kann, ist noch bis Samstag bei dem dreiteiligen Abend "Calibrate" in der TQW-Halle G im MQ zu sehen.

Insgesamt 14 junge Tanzkünstler vor allem der Salzburg Experimental Academy for Dance, aber auch des Linzer Institute für Dance Arts an der Bruckneruni und der Wiener Musik und Kunst Privatuniversität (MUK), nutzten die Gelegenheit, mit Ian Kaler, Alix Eynaudi und Paul Wenninger je ein kurzes Stück zu entwickeln.

Bei Kalers "Screens" wurden die Suggestivkraft des Video und die Wirkung körperlicher Live-Präsenz auf der Bühne gegeneinander abgewogen. Mit zwei Projektionsleinwänden erzeugte Kaler den Eindruck eines virtuellen Raums, in dem sechs Tänzer in coolen Outfits einer nach dem anderen eintreffen – außer Atem, als ob sie zuvor gelaufen wären.

Atmen als Choreographie

Sie stellen sich nahe aneinander auf, ihre Körper scheinen zu entspannen. Doch bei allen schlägt individuell unterschiedliche innere Bewegtheit durch. In der Vergrößerung durch die Projektion werden ihre Zuckungen, Positionsveränderungen und ihr Atmen zur Choreografie, sodass ihr anschließender "richtiger" Live-Tanz wie eine Weiterführung ihrer Ankunft im Video erscheint. So portraitieren sich die sechs Tänzer in diesem Setting selbst.

Alix Eynaudi lässt drei junge Männer in Justiceforall mit Art-brut-Kunst arbeiten. Der Haken dabei ist, dass hier auf der Bühne zur Musikbegleitung schon auch getanzt, vor allem aber live gezeichnet wird. Das wirkt nett, aber auch ein bisserl läppisch. Die Choreografie des Zeichnens bräuchte hier zumindest einen "Verstärker" wie etwa durch ein System der Liveprojektion.

Abwandlungen von Bewegungen körperlicher Arbeit bilden die Grundlage für Paul Wenningers Trope. Auf TV-Monitoren sind Monteure beim Schiffsbau zu sehen. Die fünf Tänzer reagieren darauf zum Sound von Peter Jakober und bilden schließlich zusammen eine Menschmaschine à la Chris Harings Mush Room. Die Liveperformer übersetzen das Arbeiten aber leider in allzu ähnliche respektive viel zu kleine und weiche Bewegungen. (Helmut Ploebst, 7.10.2016)