Experten bezweifeln, dass die erhobenen Daten zur Qualitätssicherung geeignet sind.

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Innsbruck – Seit 2013 veröffentlicht das Gesundheitsministerium jährlich den "Austrian Inpatient Quality Indicators (A-IQI)"-Bericht. Darin sind die Leistungen sämtlicher Krankenhäuser – auch Privatkliniken, die Steuergelder erhalten – aufgelistet. Die Idee hinter dem Projekt ist, die einzelnen Krankenanstalten und ihre Leistungen vergleichbar zu machen sowie Auffälligkeiten zu erkennen, um darauf reagieren zu können. Seit dem Frühjahr stehen Teile dieser Daten über das Portal kliniksuche.at auch Patienten zur Verfügung.

Verrechnungszahlen zur Qualitätssicherung

Die Ergebnisse von STANDARD-Recherchen lassen aber Zweifel daran aufkommen, dass die erhobenen Daten wirklich aussagekräftige Qualitätsvergleiche zulassen und den Patienten dafür nützlich sind. So kritisiert etwa Gesundheitsexperte Ernest Pichelbauer die Angaben, auf deren Basis die A-IQI-Berichte entstehen, als sehr ungenau. Es handle sich um Daten, die zur leistungsortientierten Krankenanstaltenfinanzierung (LKF) erhoben werden. Diese würden "immer irrelevanter für die Spitalsfinanzierung" und würden daher zunehmend ungenauer. Das A-IQI-System sei ein "potemkinsches Dorf, das dazu dient, in internationalen Rankings gut dazustehen".

Auch die Ärzteschaft übt Kritik daran, dass für den A-IQI-Bericht Angaben herangezogen werden, die eigentlich für die Verrechnung der Leistungen erhoben werden. Einerseits begrüßen etwa der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, Artur Wechselberger, und der Medizinische Direktor der Tirol-Kliniken, Wolfgang Buchberger, dass auf diese Weise bereits vorhandene Daten genutzt werden, die "quasi als Abfallprodukt der Abrechnung" ohnehin bereitstehen.

Andererseits, so Buchberger, werde dadurch nur ein Bruchteil des operativen Prozederes abgebildet und die häufigen Änderungen von Indikatoren sowie Zielwerten erschwere die längerfristige Beobachtung der Qualitätsentwicklung. "Die Datenqualität ist eines der Grundprobleme unseres Gesundheitssystems", sagt Wechselberger.

Zahlen sind Standardwerte

Silvia Türk, die beim Gesundheitsministerium für die Erstellung der A-IQI-Berichte zuständig ist, widerspricht entschieden: "Diese Daten werden auch für sämtliche Studien der Uno und der OECD verwendet." Zudem müssten die Krankenhäuser neben den LKF-Daten eigene Fragen zu A-IQI beantworten, andernfalls wäre die Verrechnung der Leistung nicht möglich.

So werde sanfter Druck erzeugt, damit die Daten auch eingegeben werden. Den Vorwurf der Intransparenz lässt Türk ebenfalls nicht gelten: "Die Qualitätsindikatoren sind für jeden einsehbar." Allein die technische Definition werde nicht veröffentlicht, weil dies zu komplex sei.

Spital hat andere OP-Zahlen

Teile der A-IQI-Berichte können seit dem Frühjahr über die Plattform kliniksuche.at abgerufen werden. Diese soll Patienten im Vorfeld von Operationen oder Behandlungen dabei helfen, sich zu entscheiden, welchem Spital sie sich anvertrauen. Doch die Daten auf der Website kliniksuche.atweisen Mängel auf: der STANDARD bat in einem ostösterreichischen Krankenhaus darum, die A-IQI-Zahlen mit Aufzeichnungen der Klinik zu vergleichen. Das Ergebnis: Diese stimmten deutlich nicht überein, wie es in dem Spital hieß. Türk sagt, das müsse an der Klinik liegen. Dass die Daten auf kliniksuche.at für Patienten sinnvoll sind, bezweifeln aber auch Buchberger und Wechselberger.

Im Ministerium verweist man darauf, dass nicht alle Ärzte und Angestellten eines Hauses mit A-IQI zu tun hätten. Kritik komme meist von jenen, die das System nicht kennen. Hinsichtlich kliniksuche.at habe man mehrere Usability-Tests im Vorfeld durchgeführt: "Mit dem Ergebnis, dass die Patienten nicht mehr interessiert, als die Zahl der OPs und die Aufenthaltsdauer." (Steffen Arora, 7.10.2016)