Kern bei Fellner.

Foto: Screenshot/oe24.tv

Ein Politikerinterview bei oe24.TV gleicht einem Besuch bei Freunden. Wolfgang Fellner ("WoFe") setzt sein gewinnendstes Lächeln auf, das – infolge der Schwerkraft – zwar bis tief unter den Tisch hängt, aber dennoch die rechte Herzlichkeit nicht vermissen lässt.

Bundeskanzler Christian Kern ließ sich in Sachen Freundlichkeit seinerseits nicht lumpen. Der Vorsitzende der heimischen Sozialdemokratie versteht es meisterhaft, Meinungen und Absichten, mit denen er sich trägt, in das Slim-fit-Gewand der Vernunft zu kleiden. Er sah mit Grünen, Neos und der ÖVP allerlei "Überschneidungen" und vermittelte überzeugend, vor möglichen Neuwahlen keine Furcht zu hegen.

Der Sitz entscheidet. Nichts zwickt. Fellner war hin und weg von der "Ehrlichkeit", die das einstündige Gespräch der beiden durchwaltete. So ist die heimische Öffentlichkeit eben beschaffen. Der Betreiber eines Boulevardblattes, der jetzt auch das Fernsehen für sich entdeckt hat, kann seine Ansichten – mögen sie wohler oder unwohler erwogen sein -- als Volkes Stimme deklarieren.

Die Frage, ob wir Bürger einer solchen Anwaltschaft überhaupt bedürfen, darf jemanden, der als Kanzler der öffentlichen Zustimmung bedarf, im Innersten nicht berühren. Kerns Auftritt war daher gefällig. Aber es fiel auch auf, wie unpolemisch ihm zumute war.

Er sei gern "draußen bei den Menschen", weil er dort keinen lästigen Filter – die Medien! – braucht. Auf so viel Ehrlichkeit wusste Fellner nichts Geistreiches zu antworten. Nur dass zwischen Kern und Kurz "kein Spalt passt", schreckte den Medienmacher auf. Mit dem eiligen Befüllen von Spalten kennt er sich ja schließlich aus. (Ronald Pohl, 4.10.2016)