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Ein afghanischer Soldat nach der Einnahme von Kunduz. Mit Hilfe von Nato-Kampfflugzeugen konnten die Taliban aus dem Zentrum der Stadt vertrieben werden.

Foto: AP Photo/Dehsabzi

Brüssel/Kabul – Die afghanische Armee hat mit der Unterstützung von Nato-Kampfflugzeugen die Taliban aus dem Zentrum von Kunduz vertrieben. Die islamistischen Rebellen seien in der Nacht mit der Hilfe von Spezialkräften wieder aus der Innenstadt verdrängt worden, doch gebe es weiterhin heftigen Kämpfe am Stadtrand, sagte der örtliche Polizeichef Mohammad Qasim Jangalbagh am Dienstagmorgen der AFP.

Es seien "hunderte Taliban-Kämpfer" getötet worden. Die Taliban hatten am Montag eine neue Offensive auf die strategisch wichtige Provinzhauptstadt im Norden Afghanistans gestartet. Sie erfolgte genau ein Jahr, nachdem es ihnen bei einer Blitzoffensive gelungen war, die Stadt vorübergehend einzunehmen. Damals waren sie erst nach mehrtägigen Kämpfen und massiven Luftangriffen wieder vertrieben worden. Beim Bombardement einer Klinik der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen durch die Nato wurden damals 42 Menschen getötet.

Der Provinzgouverneur von Kunduz, Assadullah Omarkhil, sagte, der Einsatz gegen die Aufständischen dauere noch an. Sie Einsatzkräfte kämen nur langsam voran, weil sich die Taliban in Wohnhäusern versteckten. Die Nato versicherte, die Regierung kontrolliere Kunduz, während das US-Verteidigungsministerium bestätigte, dass US-Kampfflugzeuge Angriffe auf die Taliban bei Kunduz geflogen seien. Bei den Kämpfen wurde mindestens ein Zivilist getötet, dutzende weitere wurden verletzt.

Hilfsorganisationen kritisieren Rückschiebeabkommen

Unterdessen gerät die Vereinbarung der EU mit Afghanistan über die beschleunigte Abschiebung tausender Flüchtlinge in die Kritik von Hilfsorganisationen. Die Sicherheitslage in Afghanistan sei "desolat" und das Land "alles andere als sicher", erklärte der Pro-Asyl-Geschäftsführer Deutschlands, Günter Burkhardt, am Dienstag. Er warf der EU "glatte Erpressung der afghanischen Regierung" vor.

Die Vereinbarung unter dem Titel "Gemeinsamer Weg nach vorne bei Migrationsfragen" war am Sonntag geschlossen worden. Sie legt die Vorgehensweise bei freiwilliger Rückkehr und Abschiebungen detailliert fest. So sollen im ersten halben Jahr nicht mehr als 50 Afghanen pro Flug zwangsweise abgeschoben werden. Erwogen wird auch der Bau eines eigenen Terminals am Flughafen von Kabul, um abgeschobene Flüchtlinge aufzunehmen.

EU unterzeichnet Hilfsvertrag für Afghanistan

Zum Auftakt der internationalen Afghanistan-Konferenz hat die EU derweil dem Land neue Finanzhilfen in Aussicht gestellt. Eine am Dienstag in Brüssel unterzeichnete Vereinbarung sieht Zahlungen von 200 Millionen Euro in den afghanischen Staatshaushalt vor. Sie sollen jedoch nur dann fließen, wenn es bei Reformvorhaben zufriedenstellende Fortschritte gibt.

Bei der bis zu diesem Mittwoch dauernden Geberkonferenz in Brüssel wollen Spitzenvertreter aus rund 70 anderen Ländern ein neues Unterstützungspaket für den afghanischen Staat und seine Bürger schnüren. Am Ende sollen Hilfszusagen stehen, die zumindest annähernd dem bisherigen Niveau entsprechen.

Zuletzt hatte die internationale Gemeinschaft für einen Vierjahreszeitraum rund 16 Milliarden US-Dollar zur Verfügung gestellt. Das neue Hilfspaket soll den zivilen Finanzbedarf Afghanistans von 2017 bis Ende 2020 abdecken.

Steinmeier knüpft Afghanistan-Hilfe an Bedingungen

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat weitere deutsche Hilfe an Afghanistan an klare Reformzusagen der Regierung in Kabul geknüpft – auch bei der Rücknahme von Migranten. Steinmeier werde auf der Afghanistan-Konferenz deutlich machen, dass es klare Konditionen für die Zahlung weiterer 1,7 Milliarden Euro für die nächsten vier Jahre gebe, hieß es am Dienstag im Auswärtigen Amt in Berlin. Dazu gehörten eine bessere Bekämpfung der Korruption in dem zentralasiatischen Land, der Schutz der Menschenrechte sowie eine demokratische und wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Deutschland werde die Hilfe auch mit der "weiterhin engen Kooperation mit der afghanischen Regierung in allen Fragen der Migration verbinden". Hintergrund ist, dass die Bundesregierung mit dem Land über die Rücknahme von in Deutschland abgelehnten Asylbewerbern verhandelt.

Zuletzt hatte die internationale Gemeinschaft für einen Vierjahreszeitraum rund 16 Milliarden US-Dollar (14,34 Milliarden Euro) zur Verfügung gestellt. Das neue Hilfspaket soll den zivilen Finanzbedarf Afghanistans von 2017 bis Ende 2020 abdecken. Zur der Konferenz in Brüssel werden unter anderen US-Außenminister John Kerry und der afghanische Präsident Ashraf Ghani erwartet.

US-Soldat durch Bombenexplosion getötet

Am Dienstag ist außerdem ein US-Soldat in Afghanistan getötet worden, als beim Vorbeifahren seiner Patrouille ein selbstgebauter Sprengsatz explodierte. Wie die US-Armee mitteilte, war der Soldat an einem gemeinsamen Einsatz mit afghanischen Soldaten gegen Kämpfer der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) beteiligt. Der Vorfall ereignete sich bei Chorasan in der östlichen Provinz Nangarhar.

Die USA und ihre Verbündeten hatten Ende 2014 ihren Kampfeinsatz in Afghanistan beendet und die Verantwortung für die Sicherheit den afghanischen Sicherheitskräften übergeben. Danach beschränkte sich die Aufgabe der verbleibenden NATO-Truppen auf Ausbildung, Beratung und Unterstützung von Anti-Terror-Einsätzen. (APA, dpa, 4.10.2016)