Die EU-Kommission hat sich am Montag zum gescheiterten Referendum in Ungarn höflich, aber in der Sache klar geäußert: "Wäre das Referendum gültig gewesen, hätten wir gesagt, wir nehmen es zur Kenntnis", sagte Margeritis Schinas, der Sprecher der EU-Zentralbehörde, "da es aber ungültig ist, nehmen wir auch das zur Kenntnis".

Er erinnerte daran, was der für Migration zuständige Kommissar Dimitris Avramopoulos vergangene Woche zur rechtlichen Lage erklärt hatte: Mitgliedstaaten seien dazu verpflichtet, gültige gemeinsame Beschlüsse umzusetzen, wie das bei der vor einem Jahr beschlossenen Maßnahme zur fairen Verteilung von 160.000 Flüchtlingen aus Italien und Griechenland auf die anderen Länder beschlossen worden sei. Kämen sie dem nicht nach, "behält sich die Kommission alle rechtlichen Schritte vor", bis hin zu Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof.

Davon kann derzeit keine Rede sein. Das Programm zur Umsiedelung (und zur "Neuansiedelung" von weiteren 22.000 Personen aus Lagern in Nahost) ist sehr mangelhaft umgesetzt. Von 160.000 Asylwerbern wurden bisher lediglich 5651 Personen umgesiedelt: kein Einziger nach Dänemark, Ungarn, Polen oder Österreich, aber auch nur 215 nach Deutschland, 363 nach Spanien oder 1952 nach Frankreich.

Der Kommissionssprecher betonte, dass das Referendum sich auf künftige EU-Beschlüsse bezogen habe. Ministerpräsident Viktor Orbán wollte erzwingen, dass Mehrheitsbeschlüsse in Brüssel nicht gegen das nationale Parlament in Budapest durchzusetzen seien. Rechtlich wäre das aus Kommissionssicht bedeutungslos, weil es gegen den EU-Vertrag verstoßen hätte.

Kein Zaubermittel

Was die Regierung in Budapest mit dem Ergebnis der Abstimmung jetzt mache, das liege an ihr, sagte Schinas. Es gebe zur komplexen Materie Migration kein Zaubermittel. Die Slowakei und Ungarn haben gegen die Flüchtlingsverteilung eine Klage beim EuGH eingebracht. Auch deswegen zeichnet sich im Moment nicht ab, dass EU-Staaten mit Mehrheit weitere Maßnahmen durchsetzen wollen. Man sucht Konsens. So hat die deutsche Kanzlerin Angela Merkel den Vorstoß der Visegrád-Staaten auf "flexible Solidarität" positiv beurteilt. Auch andere Maßnahmen wie Grenzschutz oder Zahlungen statt Flüchtlingsaufnahme sollen möglich sein. (Thomas Mayer aus Brüssel, 3.10.2016)