Reparieren kann man neben Fahrrädern vieles andere – Schuhe, Elektrogeräte, Kleider. Sehr oft sprechen aber hohe Kosten dagegen.

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Schwedens rot-grüne Regierung will der Wegwerfkultur zu Leibe rücken. Unter anderem mit Steueranreizen soll die Frage, ob sich Reparieren auszahlt, künftig leichter zu beantworten sein. Derzeit ist die Wiederinstandsetzung kaputter Dinge in Schweden wie in Österreich und anderswo in der Regel so teuer, dass Kunden sich oft für die Neuanschaffung entscheiden.

Wenn etwa die Reparatur einer Waschmaschine dank hoher Arbeitskosten mehr als 200 Euro kostet, greift der Kunde eher zum Neugerät, das es schon ab 300 Euro gibt. Solche Rechnungen will die Regierung laut dem britischen Guardian neu aufmachen: Jeder, der vom Fahrrad bis zur Kleidung repariert, soll steuerlich profitieren. Der Mehrwertsteuersatz von Reparaturen soll laut Regierungsvorschlag, der noch heuer ins Parlament und bei Einigkeit bereits ab 2017 gelten soll, von 25 auf zwölf Prozent sinken. Für große Gerätschaften wie Herd oder Geschirrspüler soll es möglich werden, einen Teil der Kosten vom Finanzamt zurückzuholen.

Chemiesteuer als Ausgleich

Laut dem zuständigen grünen Minister Per Bolund – einer der Treiber der neuen Steuerpläne – könnten Reparaturen damit um rund zwölf Prozent billiger werden. Das schwedische Budget würden diese Erleichterungen bei Haushaltsgeräten, Rädern und Kleidung mit 460 Millionen Schwedischen Kronen (rund 48 Millionen Euro) belasten. Auf der Habenseite soll eine "Chemiesteuer" mehr als 200 Millionen Euro im Jahr bringen.

Sie soll den Neukauf von Haushaltsgeräten und Computern verteuern, um die hohen Recyclingkosten einzurechnen. Hierzulande stoßen die Pläne naturgemäß bei den Grünen auf hohe Zustimmung. Sie legen im Rahmen des Umweltausschusses einen Maßnahmenkatalog "Reparieren statt wegwerfen" vor, der recht ähnliche Vorschläge beinhaltet. "Eine ermäßigte Mehrwertsteuer wie Schweden sie plant, halten wir neben anderen Maßnahmen für sinnvoll", sagt Klimasprecherin Christiane Brunner.

Steuersenkung umstritten

Wifo-Ökonomin Margit Schratzenstaller findet es "gut und sehr wichtig, dass dieses Thema in Angriff genommen wird". Dass der Weg über eine Mehrwertsteuersenkung der richtige ist, bezweifelt sie aber: "Da gibt es schon so viele Ausnahmen, das ist ziemlich komplex und intransparent."

Generell niedrigere Mehrwertsteuersätze hält sie für klüger. Schratzenstaller bezweifelt auch, dass Unternehmen die Vorteile an Konsumenten weitergeben. Eine "Kaufsteuer" wie die geplante Chemiesteuer hält die Steuerexpertin hingegen für sinnvoll.

Ohnehin werde man mit einem Instrument nicht auskommen. Grundsätzlich führe hierzulande kein Weg daran vorbei, den "Regulierungsinstrumentekasten" zu durchforsten und Lohnnebenkosten und Sozialversicherungsbeiträge – gerade für arbeitsintensiven Dienstleistungen – zu senken: "Arbeit ist zu hoch besteuert und Ressourcenverbrauch zu niedrig."

Jobs für Zuwanderer

Schweden will aber gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Neben Müllreduzieren will man eine Heimreparaturindustrie anstoßen, die auch für Zuwanderer Jobs schafft, die mit geringer formaler Ausbildung verbunden sind. Für Schratzenstaller ist "diese Beschäftigungssicherung für einen Teil der Flüchtlinge sich eine gute Idee". (Regina Bruckner, 4.10.2016)