Bei der Planung eines Großraumbüros muss in die Akustik investiert werden, sagen Experten.

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"Viele glauben, dass sie am optimalsten arbeiten können, wenn sie allein sind und die Tür hinter sich zumachen", sagt Ewald Stückler.

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Das neue Arbeiten ist in aller Munde – Trends wie Shared Desks sorgen aber für emotionale Reaktionen. Unternehmensberater Ewald Stückler rät davon ab, dem Chef Platz im Großraumbüro zu machen.

STANDARD: Das neue Arbeiten ist in Österreichs Büros angekommen – auch Trends wie Shared Desks?

Stückler: Bei Shared Desks bin ich zweigeteilt: Es gibt durchaus Bereiche, da macht es Sinn. Aber dass man Mitarbeiter des Innendienstes oder aus der Verwaltung auf eine tägliche "Reise nach Jerusalem" schickt, finde ich nicht sinnvoll. Wenn man in der Früh schon Stress hat, weil man nicht weiß, wo man sitzen wird, dann ist das extrem belastend. Das kann zur Vereinsamung führen.

STANDARD: Das Thema Großraumbüro ist ein emotionales. Warum?

Stückler: Viele haben Angst vor Veränderung. Sie glauben, dass sie am optimalsten arbeiten können, wenn sie allein sind und die Tür hinter sich zumachen. In den meisten Berufen braucht man aber andere, um sich im Berufsalltag auszutauschen und sich so Wege zu ersparen. Die offenen Flächen – Teambereiche – machen Sinn. Und ich spreche nicht vom klassischen Großraumbüro, wo hundert Menschen auf einer Fläche sitzen. Das ist ja in Österreich nicht der Fall. Wir haben ja oft nur Einheiten von maximal zwölf Personen. Wenn das architektonisch richtig geplant ist, dann muss niemand Angst haben.

STANDARD: Immer wieder wird ja auch über die Akustik in solchen Büros geklagt.

Stückler: Das ist immer ein Thema – in die Akustik muss man investieren und das auch beim Budget bedenken. Wenn man das erst im Nachhinein macht, ist meist kein Geld mehr da, und dann kommt es zu großer Unzufriedenheit. Auch der ständigen Beobachtung, die manche im Großraumbüro befürchten, kann man entgegenwirken, etwa, indem Rückzugsmöglichkeiten und Konzentrationsräume geplant werden. Neues Arbeiten funktioniert, wenn es gut geplant ist. Und es funktioniert nicht, wenn einfach ein großer Raum hingestellt wird und die Möbel hineingepackt werden. Man muss schauen, was der Bedarf ist, und den Prozess begleiten. Wer Angst hat, muss abgeholt werden. Unsere Konzepte entwickeln wir nur gemeinsam mit der Geschäftsführung – denn die muss das mittragen. Es müssen wichtige Entscheidungen getroffen werden – etwa dazu, wie man in Zukunft Gäste empfangen oder Meetings abhalten will.

STANDARD: Sollten auch Chefs im Großraumbüro sitzen?

Stückler: Wenn man ehrlich ist: nein. Das wird immer wieder so geplant, ist aber ein bisschen der Versuch, nach außen hin Offenheit zu kommunizieren. Aber die Realität überholt dann die Vision: Abteilungsleiter oder Geschäftsführer haben viele vertrauliche Gespräche, für die sie dann Besprechungsräume permanent okkupieren. Dann fehlen wieder den anderen Mitarbeitern die Besprechungsräume, und das System kollabiert. Was wir aber immer wieder umsetzen: Der Geschäftsführer hat zwar ein Einzelbüro mit einem großen Besprechungstisch, an dem aber eine Clean-Desk-Policy herrscht. Ist er oder sie dann nicht da, darf der Tisch von allen genutzt werden. So schafft man einen zusätzlichen Arbeitsplatz und Besprechungsraum. (Franziska Zoidl, 6.10.2016)