Halbzeit durch. Das Ende naht. Das größte Bierfest der Welt wird in ein paar Tagen schon wieder Geschichte sein. Und, ja, ich geb's zu, ich war auch auf der Wiesn! Als Münchner, wenn auch nur wahlweise, entgeht man dem Spektakel nicht.

Zwei, drei Schubser, ein Gedränge, und schon gibt's kein Zurück mehr. Als würde sich die Meute kollektiv übergeben, wird man wellenartig in eines dieser überdimensionalen Zelte gedrückt. Irgendwann ist man dann drin im dampfenden Bierparadies. Mit ein paar Tausend mehr oder weniger illuminierten Zechern und Zecherinnen. Begleitet von Griechischer Wein, Country Roads und Who the fuck is Alice, versucht man in den überfüllten Gängen denjenigen auszuweichen, denen die Fliehkraft schon gehörig mitspielt.

Die erste Maß ist da. Ein halbes Hendl. Finger kleben. Wurscht. Atemlos durch die Nacht. Eine Unterhaltung ist quasi unmöglich. Selbst wenn man seinem Gegenüber ins Ohr brüllt, Sierra Madre ist lauter. Widerstand zwecklos. Alle paar Minuten wird man aufgefordert, allen zuzuprosten. Das fördert den Umsatz. Und den Alkoholpegel. Der Selbstversuch mit Alkoholfreiem scheitert. Und frustriert. Oans, zwoa, g'suffa.

Das vorwiegend migrationshintergründige Wachpersonal sorgt dafür, dass sich die Kronen der Schöpfung westlicher Zivilisation nicht gegenseitig die Maßkrüge über die Rübe ziehen. Wer sich vollkommen weggeknipst hat, wird höflich, aber bestimmt aus dem Zelt geschmissen. Draußen kümmern sich Polizei und Rettung um Lederhosenrambos oder komatösen Leichen. Endstation Ausnüchterung. Drinnen geht die Show weiter. Die Hände zum Himmel. Und wenn dann noch der Spezl in seiner Trachtenimitation neben einem gepflegt in die Pissrinne kotzt, dann ist man endgültig angekommen. Auf dem Olymp deutscher Leitkultur. (Andreas Weinek, 29.9.2016)