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Jubel bei den Demokraten nach dem Auftritt Clintons.

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Die Kandidatin hat das Duell nach Ansicht der meisten Beobachter gewonnen.

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NBC News

Anfangs sah es tatsächlich so aus, als stünde ein Donald Trump auf der Bühne, der vergessen lassen wollte, wie rüpelhaft er sich über weite Strecken des Wahlkampfs benommen hatte. Ein Kandidat, der versuchte, den Staatsmann zu geben. Für seine Verhältnisse relativ sachlich sprach er über das Thema, mit dem er es geschafft hat, die weiße Arbeiterschaft in strukturkrisengeplagten Industrieregionen für sich zu gewinnen. Er sprach über Fabriken, die schließen mussten, weil sich in China, Mexiko oder Vietnam billiger herstellen lässt, was sie einst produzierten. Über Verlierer der Globalisierung, die den Glauben an die Fähigkeiten des politischen Establishments verloren haben.

Eine halbe Stunde lang dominierte Trump den Wortstreit mit Hillary Clinton. Dann aber zog er ein ums andere Mal den Kürzeren gegen eine Kandidatin, die zwar keine Glanzvorstellung ablieferte, aber wacher, reaktionsschneller und faktensicherer wirkte als er. Eines hat die Diskussion an der Hofstra University bei New York in aller Deutlichkeit gezeigt: Die Aufregung um Clintons Lungenentzündung, um ihren Schwächeanfall am 11. September, das Spekulieren über eventuelle Ersatzleute – das alles war grotesk übertrieben. Während ihr Widersacher irgendwann müde und mit der Zeit immer fahriger wurde, meisterte sie den Kraftakt des 90-Minuten-Duells souverän.

Trump kann nicht aus seiner Haut

Die zweite wichtige Erkenntnis: Trump kann einfach nicht aus seiner Haut. Die staatsmännische Rolle vermochte er nicht lange durchzuhalten, bevor erneut der großmäulige Egomane zum Vorschein kam. Dass er seine Steuererklärung unter Verschluss hält, obwohl ein ungeschriebenes Gesetz besagt, dass ein Präsidentschaftsbewerber sie offenzulegen hat, begründete er mit derart fadenscheinigen Argumenten, dass nicht nur seine Rivalin auf dem Podium lachen musste.

Vielleicht liege es ja daran, dass er unter Nutzung sämtlicher Schlupflöcher überhaupt keine Einkommensteuer zahle, mutmaßte Clinton. "Das ist doch schlau", antwortete der Milliardär und fügte hinzu, dass Steuergelder sowie nur verschwendet würden. Es klang, als rede der Börsenbroker Gordon Gekko aus dem Achtzigerjahre-Hollywood-Streifen "Wall Street".

Unbelehrbarer Macho

Schlecht sah er auch in dem Moment aus, in dem Clinton ihm vorwarf, mit einer rassistischen Lüge Politik gemacht zu haben, indem er eine Bewegung anführte, die behauptete, Barack Obama sei gar nicht auf amerikanischem Boden geboren. Und zum Schluss ließ er an einen unbelehrbaren Macho denken, als er der früheren Außenministerin einmal mehr bescheinigte, sie habe weder das Aussehen noch die Ausdauer, um Präsidentin sein zu können.

Fazit: Hillary Clinton hat die erste von drei Fernsehdebatten nach verhaltenem Start eindeutig gewonnen. Falls Trump im Finale alles daransetzt, die noch schwankenden Wählerinnen und Wähler auf seine Seite zu ziehen, so war am Montagabend davon nicht viel zu spüren. Falls er über Programme fürs Regieren verfügt, so behält er sie einstweilen für sich. Nur entscheidet eine Debatte eben noch keine Wahl. Dass Trump mit seinem zerfahrenen Auftritt seine Chancen aufs Oval Office verspielt hat – es wäre eine ziemlich gewagte Prognose. (Frank Herrmann, 27.9.2016)