Mit der Diagnose Krebs will niemand konfrontiert sein: Wenn körpereigene Zellen bösartig werden, können viele körpereigene Mechanismen aus dem Ruder gelaufen sein. Das stellt die Medizin vor Herausforderungen, umso mehr als in den vergangenen Jahrzehnten klar geworden ist, dass es in einem Organ unterschiedliche Formen von Zellentgleisungen geben kann, und dass Krebs von Patient zu Patient unterschiedlich ist.

Der Grund: Tumoren und Metastasen, aber auch Rezeptoren in Zellen sind bei jeder Krebserkrankung und bei jedem betroffenen Menschen unterschiedlich. Eine Zusammenschau unterschiedlicher Fachbereiche ist daher für das Verständnis von Erkrankungen entscheidend.

Die Fakten zu Krebs: In Österreich gibt es jährlich rund 39.000 Krebs-Neuerkrankungen. Die Sterbefälle auf Grund von Krebs sind rückläufig: seit dem Jahr 2000 sinkt die Rate um 1,8 Prozent. Rund 20.000 Menschen in Österreich sterben trotzdem jährlich an Krebs. Das relative 5-Jahres-Überleben stieg im selben Zeitraum von 44 auf 61 Prozent.

Wie weiter

Das Ziel: diagnostische Methoden wie die molekulare Bildgebung und Pathologie, die Datenanalyse und schließlich die klinische Pharmakologie auf dem Weg zur Entwicklung von Arzneistoffen nicht länger unabhängig voneinander zu betrachten, sondern die einzelnen Fächer und deren Methoden miteinander zu verknüpfen – um so die Ansprechraten auf personalisierte und effektive Krebstherapien zu erhöhen.

An der Med-Uni Wien wird diese Interdisziplinarität bereits gelebt, um Targets für die Diagnostik und Therapie von Krebserkrankungen zu finden: Mit Hilfe der molekularen Bildgebung an der klinischen Abteilung für Nuklearmedizin, bei der Arzneistoffe markiert werden und in der Zelle "leuchten", womit genau beobachtet werden kann, ob ein Medikament auch wirklich wirkt und sein Ziel ("Target") erreicht hat. Und mit Hilfe der so genannten "Liquid Biopsy", bei der mit einer Blutprobe die genaue Charakterisierung von Tumorzellen möglich ist.

"Mit der Kombination beider Methoden können wir die große Heterogenität der Tumorzellen und die spezifischen Besonderheiten viel besser darstellen. Die Diagnostik wird dadurch noch zielgerichteter als bisher", sagt Markus Zeitlinger von der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie der MedUni Wien. Außerdem sind beide Methoden minimal invasiv.

Gegen null gehen

Positiver Nebeneffekt: Die Anzahl jener Betroffenen wird reduziert, die nicht auf ein eingesetztes Medikament ansprechen ("non responder"). "Ziel ist es, auch aus gesundheitsökonomischer Sicht, dass diese Zahl irgendwann gegen Null geht", sagt Marcus Hacker von der klinischen Abteilung für Nuklearmedizin der MedUni Wien.

Neben Nuklearmedizin und Pharmakologie sind auch die Onkologie, die Gesundheitsökonomie, die Pathologie und das Ludwig Boltzmann-Institut Applied Diagnostics in Kooperation mit der MedUni Wien beteiligt. "Genau diese Kombination aus Liquid Biopsy und gezielter molekularer Bildgebung soll in diesem neu gegründeten Ludwig Boltzmann-Institut verwirklicht werden", sagt Direktor Markus Mitterhauser, Radiopharmazeut an der MedUni Wien.

Das Donau Symposium, das erstmals stattfindet, will genau diese fächerübergreifenden Konzepte auch international anregen. "Der Kongress soll ein Forum für Experten aus der Wissenschaft und der Industrie auf den Gebieten der molekularen Pathologie, Nuklearmedizin und klinischer Pharmakologie sowie Onkologie bieten, mit dem Ziel, effektive, individualisierte Therapiekonzepte anzustoßen", sagt Markus Zeitlinger. (red, 26.9.2016)

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