Die Intrigen haben nichts gebracht: Jeremy Corbyn wird die britische Labour-Partei weiterhin führen – nach dem Votum vom Samstag mit einem noch breiteren Mandat. 61,8 Prozent der Wähler entschieden sich für den Linkspolitiker. Das sind nur zwei Prozentpunkte mehr als 2015. In Stimmen aber ist es ein Plus von 60.000.

680.000 Mitglieder hat die Partei heute, vor eineinhalb Jahren waren es 200.000. Für den Anstieg gibt es mehrere Gründe, nicht nur Corbyn selbst. Doch wenn überhaupt so viele bereit sind, einer Partei beizutreten, zeigt das, dass diese nun Werte anspricht, die "New Labour" fehlten.

Für den Vorwurf, dass Corbyn das Wahlvolk verschreckt, gibt es kaum Indizien: Bei Kommunalwahlen im Frühjahr 2015 waren die Verluste gering. Für den EU-Austritt stimmten im Juni 37 Prozent der Labour-Wähler – mehr als erwartet. Doch auch bei der proeuropäischen Schottischen Nationalpartei waren es 36. Ohne dass deren Chefin Nicola Sturgeon die Führungsqualität abgesprochen würde.

Dass sich der alte neue Parteichef über den Zuspruch freut, ist ihm nicht zu verübeln. Und dass er seine Grundsätze vertritt, ist löblich – unabhängig davon, ob man sie teilt. Wünschenswert wäre aber, dass er die Erfolgswelle nützt, um sich endlich klar von jenen zu distanzieren, die bisher auch zu seiner Klientel zählten: Antisemiten, die sich von seiner kritischen Israel-Politik angezogen fühlen. Und Fanatiker, die Gegner beschimpfen und bedrohen. (Manuel Escher, 25.9.2016)