"Wenn man jemanden verhaften will, dann muss man das gesamte Referendum verhaften", sagte der Präsident der Republika Srpska (RS) Milorad Dodik am Sonntag auf die Frage, ob er nun mit einer Anzeige rechne. AmSonntag findet in dem bosnischen Landesteil Republika Srpska ein Referendum statt, das zuvor vom bosnischen Verfassungsgericht für rechtswidrig befunden worden war. Dodik befragte die Bevölkerung, ob sie dafür ist, dass weiterhin am 9. Jänner der Tag der RS abgehalten werden soll.

Bis 15 Uhr nahmen 40 Prozent der 1,2 Mio. Bürger in der RS teil. Abgestimmt werden konnte auch in Belgrad so wie in vier Wahllokalen in Österreich, unter anderem in Wien. Die höchste Wahlbeteiligung wurde in Kalinovik (50,9 Prozent) in Ostbosnien verzeichnet, dem Heimatort des Haager Angeklagten Ratko Mladić.

Im Vorjahr hatte das Verfassungsgericht den Feiertag als diskriminierend und verfassungswidrig beurteilt, weil der 9. Jänner auch ein orthodoxer Feiertag und daher nicht für alle Religionsgruppen bedeutend ist. Dodik hat bislang nicht erklärt, welche Folgen das Referendum haben soll. Indes hat aber das Parlament der RS die Regierung aufgefordert, das Feiertagsgesetz zu ändern, um die Entscheidung des Verfassungs gerichts doch umzusetzen. Die Situation ist demnach rechtlich und politisch völlig verworren.

"Langfristig Abtrennung"

Die westlichen Staaten und der Hohe Repräsentant Valentin Inzko haben die Volksbefragung, die als Probe für ein Unabhängigkeitsreferendum gilt, scharf verurteilt.

Der ehemalige Hohe Repräsentant und deutsche Politiker Christian Schwarz-Schilling sieht das Referendum "als Dodiks langfristige Strategie, um die Abtrennung der Republika Srpska von Bosnien-Herzegowina zu erreichen. Das Referendum ist ein Meilenstein für ihn", so Schwarz-Schilling zum STANDARD. Er kritisiert auch Diplomaten und westliche Politiker, die das Referendum bagatellisieren. "Dodik meint es ernst, er ist nicht umsonst nach Moskau gefahren." Dodik hatte am Donnerstag den russischen Präsidenten Wladimir Putin getroffen.

Man dürfe im Westen nicht denken, dass die Geschichte "gegessen" sei, nur weil man sie übergehe, so Schwarz-Schilling. Er meint, dass der Hohe Repräsentant das Votum nun für ungültig erklären sollte. Inzko könnte theoretisch seine weitreichenden Vollmachten nutzen und auch Politiker entlassen. Er hat sich aber gegen Sanktionen entschieden, weil bereits der Verfassungsgerichtshof über das Referendum entschieden hatte. Die USA sind seit Jahren gegen die Anwendung der Vollmachten. (Adelheid Wölfl aus Sarajevo, 25.9.2016)