Auf den Fluren losgelassen ist jener Herbst, der sich bis jetzt erfolgreich als Sommer positioniert hat. Nun verfolgt er aber eine völlig neue Markenstrategie. Zwecks Wiedererkennungswert und so. Irgendwer muss die Ernte ja einfahren.

Die Kastanien im Prater sind zwar avantgardistisch ihrer Zeit bereits im August weit voraus und verwelkt gewesen, aber jetzt gebärden sie sich endlich ihrer Natur entsprechend und lassen stachelige Geschosse auf Wandererköpfe los.

Das Wasser und die Abende geben sich kühl. Kürbisse fluten die Kaufhäuser: eine orange Invasion. Hunde verfolgen Igel im Laub und holen sich blessierte Nasen. Die Eichkätzchen bewerfen die zugehörigen, nichts ahnend vorbeischlendernden Hundebesitzer mit Nussschalen von ganz weit oben und pfeffern mit großer Verve Flüche hinterher.

Die ersten Schalstrickversuche werden gestartet. Die Garderobe bleibt vorläufig noch manisch-depressiv. Kandiszuckervorräte und Teevariationen sollten spätestens jetzt fachgerecht aufgestockt werden. Earl Grey oder Ingwer, das ist hier die Frage. Etwas Zeit bleibt noch, bevor es wirklich früh finster wird. Diese will gut genützt werden: Draußen stehen noch Schanigartentischchen mit Sonnenschirm und ohne Heizpilz.

"Wir kriegen Sturm", sagt die Kellnerin im Praterbeisl mit großer und nachdrücklicher Begeisterung. Die Kundschaft blickt verwirrt in den strahlend blauen Himmel. Gemeint ist aber offenbar nur die lückenlose Versorgung mit herbstlichen Genussmitteln. (Julya Rabinowich, 23.9.2016)