Damaskus/New York – Nach dem Ende der Waffenruhe in Syrien sind die Gefechte in dem Bürgerkriegsland wieder voll entbrannt. Besonders umkämpft waren am Mittwoch die Zufahrten in die Stadt Aleppo, deren von Rebellen gehaltener Osten seit Wochen von regierungstreuen Truppen belagert wird.

Bei Luftangriffen kamen oppositionsnahen Beobachtern zufolge mindestens 13 Menschen ums Leben, darunter vier Mitarbeiter einer Hilfsorganisation. In der Provinz Hama im Westen des Landes starteten Regierungstruppen eine Offensive. Die USA und Russland lieferten sich unterdessen im UNO-Sicherheitsrat einen verbalen Schlagabtausch.

Angriff auf Islamisten

Rebellen zufolge flog die syrische Luftwaffe in Aleppo die gesamte Nacht über Angriffe. Neben den vier Mitarbeitern der Union of Medical Care and Relief Organizations (UOSSM) wurden der in Großbritannien ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge in der südlich gelegenen Ortschaft Khan Touman mindestens neun Kämpfer des islamistischen Rebellenbündnisses Jaish al-Fatah getötet. Regierungstreue Medien berichteten, die Armee habe eine Düngemittelfabrik in Ramousah südwestlich von Aleppo zurückerobert. Die Beobachtungsstelle meldete den Vorstoß ebenfalls. Aleppo war vor dem Krieg die größte Stadt des Landes. Die Regierung will mit ihren Angriffen die Rebellen aus Gebieten im Süden und Westen vertreiben und die Autobahnverbindung nach Damaskus zurückzuerobern.

Flugzeug abgestürzt

Unterstützt wird die Armee von schiitischen Kämpfern aus dem Irak, dem Libanon und dem Iran. Zu Kämpfen kam es auch in Hama. Die Rebellen hätten heftige Regierungsangriffe zurückgeschlagen, sagte einer ihrer Befehlshaber. Nahe Damaskus stürzte ein Kampfflugzeug der syrischen Luftwaffe ab. Die Extremistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) erklärte, sie habe die Maschine abgeschossen.

Die Kämpfe ließen die Aussichten auf eine Waffenruhe schwinden. Zusätzlich belastet wurden die diplomatischen Bemühungen durch Spannungen zwischen den USA und Russland. Im UNO-Sicherheitsrat lieferten sich US-Außenminister John Kerry und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow einen verbalen Schlagabtausch. Kerry erklärte, der Waffenstillstand könne nur gerettet werden, wenn die russischen und syrischen Kampfflugzeug-Einsätze über den Gefechtsgebieten eingestellt würden. Wenn er Lawrow zuhöre, wähne er sich "in einem Paralleluniversum", sagte Kerry. Lawrow forderte seinerseits eine Untersuchung des Angriffs auf einen Hilfsmittelkonvoi. Alle Konfliktparteien müssten Schritte unternehmen, um den Krieg zu beenden.

Verantwortung für Angriff unklar

Die USA haben russische Kampfflugzeuge für den Angriff verantwortlich gemacht, bei dem am Montag nach Angaben des syrischen Roten Halbmonds etwa 20 Menschen getötet wurden. Die Regierung in Moskau erklärte dagegen, es habe offenbar gar keinen Angriff aus der Luft gegeben und macht Rebellen verantwortlich. Es war der jüngste einer Reihe von Vorfällen in dem seit fünfeinhalb Jahren anhaltenden Bürgerkrieg. Am Samstag hatten Kampfflugzeuge aus den USA und anderen Staaten bei einem Angriff in der Provinz Deir al-Zor dutzende syrische Regierungssoldaten getötet. Die USA bezeichneten dies als Irrtum, eigentliches Ziel seien Stellungen des IS gewesen.

Die UNO bereitet sich unterdessen auf die Wiederaufnahme von Hilfslieferungen in Syrien vor. Die Vereinten Nationen seien "bereit zur Wiederaufnahme", sagte Farhan Haq, Sprecher von UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon, am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in New York. "Die Vorbereitungen für die Konvois haben schon wieder begonnen, während wir auf die Form von Freigabe warten, die wir brauchen, um sie zu bewegen." (APA/Reuters, 21.9.2016)