Prag/Wien – Das gesellschaftliche Erbe aus der Zeit vor 1989, zu viel Bürokratie, zu wenig Risikokapital: Für Lubos Matejka, den Direktor für Start-up-Entwicklung der tschechischen Regierungsagentur CzechInvest, sind all das typische Hemmnisse für die Umsetzung innovativer Geschäftsideen in den postkommunistischen Ländern Mittel- und Osteuropas. "Viele Leute haben gute Einfälle, aber sie wissen nicht, wie man einen Businessplan schreibt oder ihn potenziellen Investoren präsentiert", erklärte Matejka im Vorfeld einer Konferenz, die in Partnerschaft mit dem STANDARD am Mittwoch in Wien stattfindet.

"Innovationen in Mitteleuropa: Perspektiven für Kooperation" heißt die Veranstaltung, die von der tschechischen und der polnischen Botschaft gemeinsam organisiert wurde. Experten aus den Visegrád-Staaten Tschechien, Slowakei, Polen und Ungarn (V4) wollen dabei mit Kollegen aus Österreich Know-how austauschen und nach Möglichkeiten der Zusammenarbeit suchen.

Die V4 können bei der Start-up-Förderung auf gemeinsame Erfahrungen zurückgreifen und gleichzeitig Synergien nutzen, ist Matejka überzeugt: "Wenn sich Start-ups aus vier Ländern vor ausländischen Investoren präsentieren, dann stößt das auf größeres Interesse, als wenn sich nur ein paar tschechische Firmen vorstellen."

"Kultur des Misserfolgs"

Einige Merkmale des unternehmerischen Umfelds für Start-ups würden aber nicht nur postkommunistische Staaten betreffen, sondern seien in ganz Mitteleuropa verwurzelt. Zum Beispiel die "Kultur des Misserfolgs", sagt Matejka: "Wenn ein Start-up-Unternehmen in den USA in Konkurs geht, dann gilt das nicht automatisch als negative Referenz. Im Gegenteil: Man geht davon aus, dass die Beteiligten Erfahrungen gesammelt haben und dieselben Fehler kein zweites Mal machen."

CzechInvest kümmert sich bereits seit mehreren Jahren gezielt um die Unterstützung heimischer Start-ups. Zum Beispiel im Rahmen des Programms "Czech Accelerator", das jungen, innovativen Unternehmen hilft, auf ausländische Märkte zu expandieren, unter anderem durch Fortbildungsmaßnahmen oder finanzielle Unterstützung für Rechtshilfe und Beratungsleistungen vor Ort.

In anderen Bereichen steht Tschechien laut Matejka noch am Anfang. So hat die Regierung in Prag erst vergangene Woche einen Nationalen Innovationsfonds ins Leben gerufen, der durch eigene Co-Investitionen den Mangel an Risikokapital auszugleichen versucht. Das Risiko für private Investoren würde dadurch geringer, was wiederum zusätzliche Finanzierungsquellen erschließen kann. "Es handelt sich also nicht um eine Subvention", erklärt Matejka, die Investition könne sich für den Staat durchaus lohnen.

Neu ist auch ein Prager Gründerzentrum unter Beteiligung und finanzieller Unterstützung der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Derzeit werden Firmen ausgewählt, die für ihre Produkte Weltraumtechnologien wie etwa Satellitensysteme verwenden und von dem "Business Incubator" profitieren wollen. Für die ESA schaut ebenfalls etwas heraus: Bewusstsein über die Umsetzbarkeit ihrer Forschungsergebnisse und vielleicht sogar neue Technologien, die sie selbst in ihrer weiteren Arbeit nutzen kann. (Gerald Schubert, 21.9.2016)