"Ich bin sehr, sehr froh." Es war ein stolzer und sichtlicher erleichterter SPD-Chef, der am Montagabend die Presse über seinen Erfolg informierte. Der so genannte "kleine Parteitag", ein Konvent von rund 200 Delegierten, hatte mit Zwei-Drittel-Mehrheit für den Kurs von Sigmar Gabriel votiert und seine Zustimmung zum Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada gegeben.

Für Gabriel ist damit eine monatelange Zitterpartei beendet. Viele Sozialdemokraten, vor allem aus dem linken Parteiflügel, stehen Ceta (Comprehensive Economic and Trade Agreement) und noch viel stärker dem geplanten Abkommen zwischen der EU_und den USA, TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) äußerst kritisch gegenüber.

Gabriel aber hatte sich für Ceta starkgemacht, während er TTIP für "de facto gescheitert" erklärt hatte. Sein Kalkül: Er gibt TTIP auf, um Ceta zu retten. So sahen es nicht wenige innerhalb der Partei. Doch Gabriel musste den Kritikern auch noch entgegen kommen. Kurz vor Beginn des kleinen Parteitages war die SPD-Führung noch auf Skeptiker in den eigenen Reihen zugegangen und hatte weitere Zugeständnisse gemacht – und unter anderem mehr Mitsprache für die Parlamente und gesellschaftliche Gruppen versprochen.

Handelsministerin angereist

Auf dem Konvent hielt nicht nur Gabriel eine Rede, auch die extra angereiste kanadische Handelsministerin Chrystia Freeland ergriff das Wort, um für den Wegfall von Zöllen und Handelsbeschränkungen zu werben.

Das ausverhandelte Abkommen soll bei einem EU-Kanada-Gipfel am 27. und 28 Oktober unterzeichnet werden. Auch alle Mitgliedsstaaten der EU müssen unterschreiben. In Deutschland ist für das Prozedere Gabriel selbst zuständig, nämlich als Wirtschaftsminister der deutschen Bundesregierung. Nach dem Konvent erklärte Gabriel am Montagabend, es seien auch noch "Klarstellungen beschlossen" worden. Gabriel verzichtete auf die Forderung, einzelne Bestandteile des Abkommens bereits ab Oktober und damit vor Inkrafttreten anzuwenden. Stattdessen soll vor der vorläufigen Anwendung von Teilen des Abkommens einen "ausführlichen Anhörungsprozess" zwischen dem Europäischen Parlament, den nationalen Parlamenten und gesellschaftlichen Gruppen geben.

Noch ein Stück Weg

Dabei soll geklärt werden, welche Teile von Ceta in nationale und welche in europäische Zuständigkeit fallen. Damit könnte sich die Anwendung des Freihandelsabkommens deutlich verzögern. "Wir haben noch ein Stück des Weges vor uns", sagte Gabriel nach der Abstimmung und wiederholte seine Ansicht: "Mit Ceta gibt es keine Absenkung von Standards, es geht eher darum, Standards zu erhöhen."

Änderungswünsche sollen parallel zum eigentlichen Vertragstext in gesonderten Protokollerklärungen festgeschrieben werden. Gabriel sagte auch: "Es gibt zwei Länder in Europa, wo Ceta kritisch diskutiert wird: bei uns und in Österreich. Alle anderen verbinden Hoffnung damit." Das Ergebnis des Konvents wird in Berlin als Auftrag für Gabriel gewertet, nun die Kanzlerkandidatur der SPD anzustreben. (Birgit Baumann aus Berlin, 19.9.2016)