Drozda betonte die Wichtigkeit von redaktionell gestalteten Medien für die Demokratie.

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Wien – Medienminister Thomas Drozda (SPÖ) hat bei seiner Enquete zur Reform der Presseförderung Einblick in seine Pläne gegeben. Als erste Säule der künftigen Medienförderung schwebt ihm eine Produktionsförderung vor. Bei der zweiten Säule, einer Digitalisierungsförderung, stünden die Überlegungen noch am Anfang, sagte Drozda am Montag bei der Eröffnung der ganztägigen Enquete.

Zur Finanzierung will Drozda "Plattformen, die nicht zwischen eigenen und fremden Inhalten unterscheiden" zur Kasse bitten. "Google, Facebook und Konsorten" seien über die Mittel des Leistungsschutzrechts, des Urheberrechts und der Steuergesetzgebungen einzubeziehen. Allein aus den Titeln Werbeabgabe und Umsatzsteuer würde die Dotierung der Presseförderung um 10 bis 15 Millionen Euro steigen, schätzt Drozda. Derzeit beträgt sie rund neun Millionen Euro.

Die Fische und der Hai

Die Höhe der Produktionsförderung plant Drozda an die Anzahl der zu fairen Bedingungen angestellten Journalisten zu koppeln. So sei diese Förderung dann auch plattformunabhängig, gelte also nicht nur für eine Mediengattung. Zum häufigen Kritikpunkt einer versteckten Presseförderung über Inserate verwies Drozda darauf, dass die Bundesregierung selbst nicht 200 sondern nur 15 Millionen Euro jährlich für Werbung ausgebe.

Drozda, der die Enquete den ganzen Tag verfolgen will, betonte auch die Wichtigkeit von redaktionell gestalteten Medien für die Demokratie. Er appellierte an die versammelte Medienbranche, die Reform der Presseförderung nicht als Verteilungskampf zu sehen. Es bringe nichts, wenn sich Fische im Angesicht eines Hais selbst kannibalisieren, so Drozda.

Experten gegen Gießkannenprinzip

Die Medienexperten Matthias Karmasin und Fritz Hausjell haben sich gegen ein Gießkannenprinzip ausgesprochen. "Gießkannenförderung wird nicht besser, wenn ich die Löcher der Gießkanne vergrößere", sagte Karmasin. Hausjell merkte an, dass derzeit förderungswürdige Medien wie etwa das transkulturelle Magazin "biber" keine Förderung erhalten.

Auch die "profil"-Medienjournalistin Ingrid Brodnig plädierte für genauere Förderkriterien. Die öffentliche Hand könnte auch den Mediawatchblog "Kobuk" oder die Plattform "mimikama", die Fakeberichte auf Facebook aufdeckt, fördern. Die investigative Rechercheplattform "Dossier" hält sie ebenfalls für förderungswürdig.

Innovationsförderung als Überbrückungshilfe

Karmasin forderte, die von Medienminister Thomas Drozda (SPÖ geplante Reform größer zu denken. Man müsse auch über eine Haushaltsabgabe und die Förderung der Medienkompetenz reden und nichtkommerzielle Medien einbeziehen. Brodnig sprach sich für eine Qualitäts- und Innovationsförderung aus. Diese sei auch als eine Überbrückungshilfe hin zu einer anderen Medienlandschaft zu betrachten. Hausjell regte an, neben dem Presserat auch den PR-Ethikrat mit Fördermittel auszustatten.

Karmasin hält jedenfalls eine Änderung der derzeitigen Presseförderung für unbedingt notwendig, auch wenn diese Geld und Mühe kosten werde. "Aber es lohnt sich", so der Wissenschafter. "Denn es geht um die Frage, in welcher Gesellschaft wir leben wollen." Die Förderung von Medien sei eine "Investition in die Infrastruktur der Demokratie".

Verleger: Aufstockung "gerechtfertigt"

Der Präsident der Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ), "Kurier"-Geschäftsführer Thomas Kralinger, teilte Medienminister Thomas Drozda (SPÖ) einmal mehr die VÖZ-Wünsche für die Reform der Presseförderung mit. Kern ist eine Aufstockung der Presseförderung derzeit neun Millionen auf 35 Millionen Euro. "Das betrachten wir als gerechtfertigt", sagte Kralinger bei der Enquete zur "Medienförderung Neu".

Kralinger verwies auf Dänemark, wo die Medienförderung 2013 reformiert wurde und von der EU-Kommission beihilferechtlich genehmigt wurde. Dänemark vergibt jährlich 52 Millionen Euro an Medien, knapp 10 Euro pro Einwohner. In Österreich seien es 1,30 Euro.

Kralinger begrüßt Steuer auf Onlinewerbung

Das Fördermodell, das Kralinger und dem VÖZ vorschwebt, liegt seit längerem auf dem Tisch. Es beruht auf fünf Punkten: Einer Förderung von Qualität, Vielfalt, Ausbildung, Medienkompetenz und Digitalisierung, wie Kralinger am Montag ausführte. Es gehe darum, dass die vierte Säule der Demokratie (die Medien) tragfähig bleibt. "Es ist höchste Zeit die Medienförderung neu aufzustellen", so Kralinger.

Österreich sei zwar noch immer ein Land der Zeitungsleser, der Abo-Anteil liege teils über 80 Prozent – für Kralinger "Spitzenwerte". Sorgen bereiteten aber die Werbeerlöse, vor allem im Onlinebereich. Eine faire Besteuerung von Onlinewerbung begrüßt der VÖZ-Präsident.

Dichand: Inhalteförderung "vielleicht in China"

"Heute"-Herausgeberin Eva Dichand hält nichts von einer Medienförderung nach Inhalten. "Fördern von Inhalten gibt es nirgends, vielleicht in China", sagte Dichand am Montag bei der Enquete von Medienminister Thomas Drozda (SPÖ) zur Reform der Presseförderung. Dichand hält nur eine reine Technologieförderung für zielführend.

Das Problem sei, dass Medien online kaum Umsätze machen. Dennoch sei die Zukunft digital. Daran müsse sich daher auch die Presseförderung orientieren. Mit einer intelligenteren Medienpolitik hätte man auch die 600.000 Euro Presseförderung für das "WirtschaftsBlatt" so einsetzen können, dass die Wirtschaftszeitung als digitale Plattform weiterbestanden hätte, glaubt Dichand.

Christoph Dichand öffnet keine Post vom Presserat

Man müsse sich vom Gedanken lösen, dass alles gedruckt sein muss. Dass bei der Presseförderung nur Print gefördert wird, sei so als ob man die Pferdekutsche fördert, während das Auto danebensteht.

Wenig übrig hatte Dichand auch für die Selbstkontrolle der Medienbranche, den Presserat. Dies sei ein privater Verein und die Urteile nicht ernst zu nehmen. "Mein Mann ("Krone"-Herausgeber Christoph Dichand, Anm.) macht die Kuverts vom Presserat gar nicht mehr auf", so Dichand. (APA, 19.9.2016)