Echte Darsteller hinter dem Guckloch des "Heimatpanoramas" von Barbara Ungepflegt.

Foto: Ahorner

Wien – Auf dem Michaelerplatz vor dem hinteren Teil der Hofburg, umgeben von romantischen Fiakergespannen, steht jetzt ein Kaiserpanorama. Zu verdanken ist dieser Segen der Wiener Künstlerin Barbara Ungepflegt. Zusammen mit Sarah Haas und Peter Ahorner hat sie dieses Massenmedium aus der guten alten Zeit als Installation mit dem Titel Heimatpanorama gebaut. Zu sehen noch bis kommenden Sonntag, jeweils von 15 bis 21 Uhr.

Ähnlich dem originalen, vom deutschen Unternehmer-Physiker August Fuhrmann im 19. Jahrhundert entwickelten Kaiserpanorama besteht der Nachbau aus einem geschlossenen runden Holzpavillon mit Gucklöchern. Durch diese sind – anders als bei Fuhrmann – nicht stereoskopische Bilder zu sehen, sondern echte Darsteller. Und das Publikum sitzt nicht vor den Öffnungen, sondern kniet. Andächtig und demütig wie in einer Kirche oder eher zappelnd vor Neugier.

Vielsagende Ansprache

Die Eröffnung am Freitag war feierlich. Ein paar Damen in reschen Heimatfilmdirndln winkten mit robust panierten Wiener Schnitzerln. Ein verstockt wirkender Jogl in Jopperl und Militärhosen geleitete einen rüstigen Herrn vors Publikum. Der Jogl streckte seine Rechte zum Gruß von sich, der Herr hielt tonlos eine vielsagende Ansprache, die Dirndln applaudierten entzückt. Nach einem Rundtanz, in dem die Damen mit ihren schwarzen Handschuhen eine heimattreue Swastika formten, war das Panorama eröffnet.

Weiterhin gilt: Wer zuerst kommt, peept zuerst. Innen dreht sich eine mit Handkurbel betriebene Bühne – akkurat dort, wo einst das alte Burgtheater stand! Da, in rustikalem Ambiente, paniert eine Dirndldame ihre weiße Unterhose mit Mehl, Ei und Weißbrotbröseln. Musik spielt Weisen von einst und jetzt. Das Publikum spechtelt. Das Panorama wird zum Touristenmagneten. Daneben warten die Fiakerpferde. Die Gäule bleiben gelassen. Sie tragen ja Scheuklappen.

Politischer Spitzentanz

Dieses Heimatpanorama zeigt den Touristen eine aggressive Heimatseligkeit. Die Peepshow birgt reichlich schlimme Relikte, wie wir sie von Frau Ungepflegt (Notstand, Sommerloch u. Ä.) kennen. Es zahlt sich aus, zu schauen, was in dem Panorama passiert. Auch wenn sich das Warten darauf, dass etwas weitergeht, hinzieht wie die Präsidentenwahl. Das ist aber Teil des Konzepts.

Außerdem kann man zwischendurch einen Abstecher hinüber zur Mörtel-City am Gürtel machen. Dort ist von Montag bis Mittwoch nachmittags, passend zum Heimatpanorama-Thema, politischer Spitzentanz zu erfahren. Magdalena Chowaniec und Elizabeth Ward richten für die Wienwoche auf der Show-Stage bei Lugner eine Anti-Fascist Ballet School ein. Mitmachen erwünscht. (Helmut Ploebst, 18.9.2016)