Tirol, Salzburg, Vorarlberg, Oberösterreich – wo es Berge gibt, gibt es Hänge, und ebenerdige Baugründe sind oft Mangelware. Da heißt es kreativ sein – und viele Häuslbauer entscheiden sich für Hanggrundstücke. Doch bevor man als zukünftiger Bewohner mit einer schönen Aussicht belohnt wird, gilt es erst einige Herausforderungen zu meistern – vor allem das Können der Architekten ist nun gefragt.

Wolf Systembau

"Prinzipiell ist jeder Hang bebaubar", sagt Gustav Mahringer vom oberösterreichischen Unternehmen Wolf Haus. Er rät aber dennoch jedem Häuslbauer, Kosten und Nutzen vorher miteinander zu vergleichen. Daniel Sauter vom Vorarlberger Architekturbüro k_m architektur ergänzt, dass bei einem Hanggrundstück der Boden besonders tragfähig und für die Bebauung geeignet sein muss, "ansonsten kann es bereits während der Bauphase zu Rutschungen und schweren Schäden am Gebäude kommen". Der Architekt weiß, wovon er spricht, sein Büro ist unter anderem auf die Bebauung von Hängen spezialisiert. Eines der von k_m architektur geplanten Häuser fand sogar Eingang in ein Buch des deutschen Architekten und Autors Johannes Kottjé. In Häuser am Hang präsentiert er über 20 Bauprojekte aus dem deutschsprachigen Raum, die sich der Herausforderung einer Hangbebauung gestellt haben – mit eindrucksvollen Ergebnissen.

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Zuvor gab es freilich auch bei diesen gelungenen Projekten für Hanglagen typische Herausforderungen zu überwinden. "Neben allgemeinen Planungskriterien wie Ausrichtung, Grundstückstopografie und Sichtbeziehungen ist es mitunter eine besondere Herausforderung, das Gebäude baulich umzusetzen, da alle für den Bauablauf zur Verfügung stehenden Freiflächen ebenfalls geneigt und somit nicht so gut nutzbar sind", sagt Sauter. Mitunter sei häufig auch die Zufahrt zur Baustelle steil und mit großem Gerät nur schwer zu erreichen. Neben baulichen Hindernissen kennt Mahringer auch gesetzliche Hürden: "Meist regeln Gemeinden in den Bebauungsplänen genau, wie hoch ein Haus am Hang gebaut werden darf bzw. wie weit es aus dem Hang hervortreten darf."

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In eindrucksvollen Bildern zeigt Kottjés Buch auch zahlreiche Möglichkeiten, die es für die Bebauung von Hängen gibt. Neben der "schwebenden Variante", ein Haus an besonders steilen Hängen auf Stelzen zu errichten, können Keller oder Garage auch direkt in den Hang hineingebaut werden – das Gebäude schmiegt sich dann optisch elegant in den Hang ein. Von massiven Eingriffen in das Erdgefüge in Form von aufwendigen Gründungen und Unterkellerungen rät Sauter aber ab: "Idealerweise sollte der natürliche Hangverlauf nach Abschluss der Bautätigkeiten spürbar bleiben. Teure und aufwendige Terrassierungen sowie massive Aufschüttungen um das Gebäude herum wirken deplatziert und verfremden den natürlichen Hangverlauf."

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Terrassen an Hanghäusern werden häufig zwischen Haus und Hang errichtet, weil dort mehr Privatsphäre vorhanden ist. "Die Freiflächen um das Gebäude sind in der Regel ebenfalls geneigt und nicht so gut nutzbar", beschreibt Sauter einen Nachteil von Hanghäusern. Dem gegenüber stehen positive Eigenschaften, wie die gute Fernsicht und – zumindest bei Südhängen – die ganzjährige Besonnung. Auch Mahringer merkt an: "Südhänge sind für die Bebauung weitaus vorteilhafter als Nordhänge."

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Am Südhang ist das Haus Richtung Norden vor Wind und Wetter geschützt, Richtung Süden kann die Sonneneinstrahlung für die Energiegewinnung und als Heizung genutzt werden, im Sommer braucht es jedoch spezielle Hitzeschutzmaßnahmen. Steht ein Haus auf einem Nordhang, ergibt sich ein gegenteiliges Problem: Schatten. Wer überlegt, sich auf einem Nordhang niederzulassen, sollte überprüfen, ob oberhalb des eigenen noch ein weiteres Haus errichtet werden könnte. Besonders im Winter würde ein Nachbarhaus lange Schatten auf die eigenen vier Wände werfen – mit der Folge, dass zusätzliche Kosten für Beleuchtung, große Fenster und Heizung anfallen.

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Obwohl sich der Bau eines Hanghauses aufwendig gestaltet, ist er nicht zwangsläufig teurer als der Hausbau auf ebener Fläche. "Vor allem wenn nicht extra ein Keller gegraben werden muss, können Häuslbauer sogar Kosten einsparen", sagt Mahringer. Und Sauter weiß: "Vorausgesetzt, der Baugrund ist tragfähig und die Eingriffe in das Erdreich sind nur minimal, müssen Häuser am Hang nicht zwangsläufig teurer sein als Häuser in der Ebene."

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Etwas komplizierter wird die Sache allerdings, wenn Häuslbauer in die Zukunft denken. Denn obwohl ein Hanghaus nicht unbedingt im Widerspruch zu Barrierefreiheit steht, braucht es zusätzliche Maßnahmen, wenn eines Tages die Beine nicht mehr mitmachen. Mahringer sieht für diesen Fall zwei Möglichkeiten, die jedoch beide nicht ohne Aufzug auskommen: "Sind die Zufahrt und die Eingangstüre oben am Hang, dann braucht es zu den unteren Stockwerken und zum Garten einen Lift. Ist der Zugang zum Gebäude unten, muss es einen Treppenlift oder Ähnliches in die oberen Stockwerke geben."

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Letztlich sollte, wer am Hang wohnt, auch mit den Nachbarn im Reinen sein. Denn grundsätzlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass Regenwasser vom höhergelegenen Grundstück auf das darunterliegende fließt. Um dem dennoch entgegenzuwirken, müssen Drainagen verlegt werden, die das Wasser ins Tal leiten. Auch die Außenwände des Kellers sollten mit solchen Rohren gegen die Bodenfeuchtigkeit geschützt werden.

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Wie überall gilt auch am Hang: Wichtig ist, die örtlichen Gegebenheiten optimal zu nutzen. Das kann in der Hanglage die Verschmelzung von Haus und Hang, von Gebäude und Natur sein. Und wer die Mühen auf sich nimmt, wird spätestens nach dem Einzug mit einer herrlichen Aussicht belohnt. (Bernadette Redl, 23.9.2016)

Buchtipp:
"Häuser am Hang", DVA Architektur, 2015
176 Seiten, € 30,90

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