Vor 25 Jahren publizierte Sebastião Salgado erstmals eine Serie über die dramatische Situation von Migranten. Keiner kann sagen, er hätte nichts von Hunger, Dürre und Krieg auf der Welt gewusst.

Ohne gespielte Betroffenheit, ohne falsches Pathos oder erhobenen Zeigefinger dokumentiert Sebastião Salgado seit 25 Jahren Menschen auf der Flucht.
Aufschlagseite aus Salgados "Exodus", fotografiert von Lukas Friesenbichler

In einem Balanceakt zwischen der Dramatik der Situation und ästhetischem Anspruch an Aufbau und Komposition seiner preisgekrönten Fotografien führt Salgado uns einen Prozess globaler Verelendung vor Augen, aus dem wir uns als Akteure im globalen Zusammenspiel ökonomischer und politischer Prozesse nicht mit voyeuristischer Schaulust entziehen können.

Nicht erst seit Flüchtlingsboote täglich an den Mittelmeerküsten stranden, kentern und Ertrunkene an den von Touristen bevölkerten Stränden liegen. Salgados Dokumentation Exodus ist mittlerweile ein Klassiker. Das Thema Migration, Vertreibung und Flucht ist aber heute aktueller, nein virulenter denn je. Seit Jahrzehnten porträtiert Salgado Menschen, die durch Krieg, Völkermord, Unterdrückung, Elend und Hunger gezwungen waren, ihre Heimat zu lassen und sich auf eine Reise ungewissen Ausgangs zu begeben. Ohne Betroffenheitspathos, ohne erhobenen Zeigefinger. Auch ohne Lösung, präpotente Schlauheit oder Bevormundung. Seine eindringlichen, von Humanismus getragenen Reportagen führen nach Amerika, Afrika, Asien, auf den Balkan und in den Nahen Osten. Vor einem Jahrzehnt wurde Exodus erstmals veröffentlicht. Zu den Krisenherden sind neue dazugekommen, und mit ihnen Millionen obdachlose Migranten. Augenscheinlich aber ist, dass man vor allem vor Ort helfen muss, die prekäre Situation zu verbessern, verändern, humanitär zu handeln. (Gregor Auenhammer, Album, 17.9.2016)