Rechtsanwalt Dieter Böhmdorfer spricht von Hinweisen bezüglich Manipulationen. Ob die FPÖ Anzeige eingebracht hat, will er aber nicht sagen.

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Wien – Dieter Böhmdorfer hat Erklärungsbedarf: Beim Jour fixe des Juristenklubs Justitia am Mittwochabend nahm der ehemalige blaue Justizminister gemeinsam mit seinem Kanzleikollegen Rüdiger Schender Stellung zur Aufhebung der Bundespräsidenten-Stichwahl durch den Verfassungsgerichtshof, die er als Rechtsvertreter der FPÖ erfolgreich durchgebracht hatte.

Eines stellte Böhmdorfer gleich vorweg fest: Das Höchstgericht habe nicht über mögliche Manipulationen entschieden. Und obwohl laut Böhmdorfer die Frage danach überflüssig sei, weil sie in der Beschwerde nicht berücksichtigt wurde, thematisierte sie der Rechtsanwalt dennoch recht ausgiebig und will sie nicht ausschließen: "Es kann trotzdem sein, dass in diesem Ausmaß manipuliert wurde", sagt er vor Kollegen und Journalisten.

Pflegeheime im Visier

Im Visier haben die Blauen dabei Pflegeheime, wo Briefwahlkarten als Sammelbestellung beantragt werden. Das widerspreche dem Erkenntnis der Höchstrichter. Zwar haben besachwaltete und bettlägrige Personen das Recht zu wählen – das sei bestätigt worden –, doch Wahlkarten müssten persönlich beantragt werden. "Wer nicht in der Lage ist, eine Wahlkarte zu beantragen, ist von der Wahl ausgeschlossen." Dabei räumt Böhmdorfer ein, selbst seine Sekretärin gebeten zu haben, eine Wahlkarte für ihn zu bestellen. Er habe nicht gewusst, dass das nicht zulässig sei.

Böhmdorfers Kanzleikollege Schender weist aber auf die Möglichkeit der fliegenden Wahlkommissionen hin, die in Pflegeeinrichtungen vermehrt eingesetzt werden können. Wie allerdings bettlägrige Personen, die zu Hause gepflegt werden, dann zu ihrem Wahlrecht kommen sollen, bleibt offen.

Keine Angaben zu Anzeigen

Ob die FPÖ aber Strafanzeigen wegen Manipulationsverdachts eingebracht hat, will Böhmdorfer nicht konkretisieren. Nur: "Es gibt Hinweise aus allen Bereichen." Aber er will unter Berufung auf das Anwaltsgeheimnis "keine Verdächtigungen streuen". Er wisse nicht, ob die Staatsanwaltschaft bereits ermittle. Aus der zuständigen Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft heißt es auf STANDARD-Nachfrage, dass "trotz großer Ankündigung keine Anzeige der FPÖ bezüglich Manipulationen in Pflege- und Seniorenheimen" eingegangen sei.

Christian Pilnacek, Sektionschef im Justizministerium, konnte darauf ein bisschen mehr eingehen. "Die Anzeigen werden zentral von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft geführt und betreffen hauptsächlich Beamte", so der ebenfalls anwesende Jurist.

Wahlverschiebung mit Neuwählern

Die Ausweitung der Wählerevidenz – Personen, die bis zum neuen Stichtag 4. Oktober 16 werden, sollen ebenfalls wahlberechtigt sein – widerspricht laut Böhmdorfer klar der österreichischen Gesetzeslage. "Laut Erkenntnis der Verfassungsrichter muss die Wahl unter denselben Bedingungen durchgeführt werden, also dürften nur dieselben Personen wie bei der ersten Stichwahl ihre Stimme abgeben." Dass dafür aber ein Verfassungsgesetz geschaffen werden soll, sei eine "österreichische Untugend". (Marie-Theres Egyed, 15.9.2016)