Bei Amazon hegt man keinen Zweifel: Dem immer verfügbaren digitalen Assistenten gehört die Zukunft. Der Weg, über den Amazon dorthin gelangen will, heißt "Echo". Dahinter verbirgt sich ein vernetzter Lautsprecher, der auf Anfragen aller Art antworten kann und zugleich auch noch zur Zentrale des smarten Zuhauses mutieren soll – von simplen Wissensfragen über das Abspielen von Musik auf Zuruf bis zur Steuerung des Lichts reicht die mittlerweile recht umfassende Palette an Möglichkeiten des Echo. In den USA gibt es das Gerät rund um den Sprachassistenten "Alexa" schon seit Ende 2014, nun wagt sich der Online-Händler erstmals aus seinem Heimatland, ab sofort kann der Echo nicht nur in Großbritannien, sondern auch in Österreich und Deutschland vorbestellt werden.

Ein Wort zur Warnung

Im Rahmen einer Presseveranstaltung hatte DER STANDARD die Möglichkeit, den Echo auszuprobieren und dabei vor allem erstmals die deutsche Sprachausgabe und -erkennung zu testen. Dabei sei vorab eines unmissverständlich klargestellt: Der Rahmen einer solchen – zeitlich eng begrenzten – Presseveranstaltung erlaubt keinen umfassenden Test, die folgenden Beobachtungen sind insofern wirklich nur als erste Eindrücke zu verstehen.

Gerade bei einem Gerät, bei dem der Knackpunkt nicht zuletzt ist, wie gut sich die Nutzer an die Handhabung gewöhnen, ist ein ausführlicher Testzeitraum für ein abschließendes Urteil unumgänglich. Auch das Umgekehrte ist richtig, lernt Echo doch mit der Zeit von den Usern und passt sich an deren Stimme an, wodurch die Trefferquote erhöht wird. Getestet wurde all dies mit einem Echo Dot der zweiten, neuen, Generation, der Großteil der Anmerkungen gilt aber auch für die größere Ausführung.

Alexa wird deutschsprachig

Eine eigene Stimme habe man für den deutschen Sprachraum kreiert, vermeldet Amazon stolz, in der Realität klingt diese aber natürlich sehr ähnlich zur englischen Stimme. Per se ist das natürlich nicht negativ, und an der Qualität der Sprachausgabe gibt es zunächst auch wenig auszusetzen. Ein bisschen blechern und stellenweise abgehackt klingt das Gelieferte, aber das ist bei anderen Herstellern und ihren aktuellen Lösungen auch nicht anders.

Der große Amazon Echo kann mit deutlich stärkeren Boxen aufwarten, was vor allem für die Musikwiedergabe interessant ist.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Einige Testläufe ergaben dann kein einheitlich positives oder negatives Bild zur Qualität der Spracherkennung.. Nachdem der Echo zunächst nicht so recht auf das vom Autor gesprochene Keyword "Alexa" reagieren wollte, klappte dafür anschließend selbst eine bewusst schlampig und schnell initiierte Frage nach dem Wetter in Wien reibungslos.

Bei weiteren Versuchen zeigten sich dann aber auch schnell die aktuell noch vorhandenen Begrenzungen dieses Systems. Der Aufforderung "Spiele Musik von LCD Soundsystem", wollte Alexa partout nicht nachkommen, dies trotz mehrer Versuche unterschiedlicher Personen. Alexa interpretierte den Begriff "LCD" immer falsch, egal ob es mit englischer oder deutscher Aussprache probiert wurde. Ganz allgemein ist natürlich ein starker Dialekt ein Problem für den Echo, hier hofft man über die Zeit durch die gesammelten Erfahrungen besser zu werden, wie Amazon betont.

Hardware-Stärken

Die sieben Mikrofone, die unter anderem Umgebungsgeräusche ausfiltern können, verrichten hingegen wirklich beeindruckende Arbeit. Auch aus weiterer Entfernung oder wenn gerade Musik läuft, reagierte Echo auf den Zuruf. Eines der zentralen – und für den Alltag mit mehreren Echo Dots, wie ihn Amazon im Sinn hat, essenziellen – Features konnte vor Ort leider nicht ausprobiert werden.

Über Echo Spatial Perception (ESP) soll sichergestellt werden, dass immer nur der nächstgelegene Echo auf den Zuruf der User reagiert. In einer Demonstration auf der Bühne wirkte das Ganze aber zumindest schon mal recht vielversprechend, in der Mitte zwischen zwei Echo Dot positioniert, konnte der Präsentator durch Kopfdrehen jeweils das eine oder das andere Gerät adressieren, während das zweite den Zuruf einfach ignorierte.

Ein Knopf ermöglicht es die Mikrofone temporär vollständig zu deaktivieren. Amazon betont, dass die Trennung dabei physisch erfolgt, sie also in dem Fall gar nicht mehr mit Strom versorgt werden.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Eine bedeutende Frage ist, wie umfangreich das Angebot an unterstützten Befehlen im vergleich zur englischsprachigen Ausgabe sein wird. Auf diese Frage wollte Amazon nicht im Detail eingehen, auf Nachfrage wurde aber rasch klar, dass das Angebot zum Start deutlich weniger umfangreich sein wird. Im Test offenbarte sich zudem die eine oder andere Wissenslücke: Die Frage "Wer spielt die Hauptrolle in Mr. Robot" konnte der Echo nicht beantworten, während Amazon vorher noch stolz vorgezeigt hatte, dass Alexa weiß, was der aktuellste Film von Til Schweiger ist.

Listen

Der Versuch einen Eintrag zur Shopping-Liste hinzuzufügen, klappte erst beim zweiten Versuch, hier wusste Alexa zunächst das Wort "Cola" nicht zu deuten. Solche Einträge können übrigens nicht nur per Sprache abgefragt werden, Shopping- und To-do-Listen können auch in der zugehörigen Alexa-App eingesehen werden.

Amazons Vision: Die Nutzer sollen sich gleich für alle Zimmer ein Six- oder Twelve-Pack des Echo Dot kaufen.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

An sich fiel auf, dass Echo zum Teil recht gemächlich auf die Anfragen reagiert und immer wieder mehrere Sekunden zwischen gestellter Frage und der Antwort vergehen. Hier ist die Google-App unter Android derzeit deutlich flinker.

Lautstärke

Zur getesteten Hardware noch ein, zwei Bemerkungen: Der neue Echo Dot ist etwas kleiner als sein Vorgänger und bietet eine laut Amazon verbesserte Spracherkennung im Vergleich zu ersten Generation. Mangels Vergleichsgerät ließ sich diese Behauptung natürlich nicht überprüfen. Was aber schnell auffällt: Ohne externe Lautsprecher ist der Dot für belebtere Räume wie das Wohnzimmer oder die Küche nur begrenzt zu gebrauchen, da er sonst einfach zu leise ist. Musikwiedergabe ist ohnehin nur bei der größeren Ausführung mit starken Lautsprechern oder eben über den Weg zusätzlicher Speaker zu empfehlen.

Richtige Entscheidung

Das Hands-on verdeutlicht vor allem eines: dass Amazon recht hat, den Echo im deutschsprachigen Raum vorerst nur über ein Invite-System anzubieten. Wer sich jetzt eines der beiden Geräte zulegt, muss sich klar sein, dass er hier die Rolle des Beta-Testers für kommende User übernimmt, zu deutlich sind aktuell noch die Defizite in zentralen Bereichen zu sehen.

Der Echo Dot in der weißen Farbvariante.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Wer sich davon – oder von diversen Privatsphärenbedenken – nicht abschrecken lässt, kann für beide Echo-Modelle auf der Seite des Online-Händlers einen Invite beantragen. Der große Echo mit starken Lautsprechern schlägt dabei mit 179,99 Euro zu Buche, während es den Echo Dot bereits ab 59,99 Euro gibt. Beide Geräte sollen dann ab dem 26. Oktober ausgeliefert werden. (Andreas Proschofsky, 19.9.2016)