Mit Investitionen in den Bereich Infrastruktur können Staaten die Wirtschaft ankurbeln. Potenzial dafür gibt es laut Experten genug.

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Wien – Die Geldpressen laufen weltweit auf Hochtouren, doch der gewünschte Effekt, ein nennenswertes Wirtschaftswachstum zu erzeugen, bleibt bisher aus. "Trotz der erheblichen Geldentwertung durch die Zentralbanken liegt die Inflation in allen Industriestaaten weit unter der angestrebten Zielmarke", sagt Xavier Van Hove vom britischen Vermögensverwalter Taube Hodson Stonex THS, der von der Schweizer GAM geschluckt wurde.

Mehr investieren

Die laut Van Hove dringend nötige Kur für das Leiden: höhere Staatsausgaben und mehr Investments. "In den USA haben sich beide Präsidentschaftskandidaten dafür ausgesprochen, durch Infrastrukturprojekte einen Stimulus zu setzen. EZB-Chef Mario Draghi hat dies ebenso für Europa vorgeschlagen, zahlreiche Politiker stimmten dem zu", sagt Van Hove. Vergessen darf man hier auch nicht den Investitionsplan von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der 315 Milliarden Euro in Bewegung setzen soll. Schließlich hat auch der neue britische Schatzkanzler Philip Hammond erklärt, die Austeritätspolitik des Landes zurückzufahren, sagt der THS-Experte. Auch in Japan nimmt die Zahl der Befürworter von höheren Investments durch den Staat zu.

Nach Van Hoves Einschätzung dürfte eine Erhöhung der Staatsausgaben vielen Unternehmen Rückenwind geben, sofern der Stimulus drei Bereiche umfasst:

  • durch steuerliche Erleichterungen die Konsumausgaben anregen,
  • mit Infrastrukturausgaben die Wirtschaft beleben,
  • per neuen Steuerplan Kapitalinvestitionen begünstigen.

Werden die Ausgaben im Bereich der Infrastruktur wieder hochgefahren, sieht Van Hove auch interessante Möglichkeiten für Anleger. "Wenn die Budgets für derartige Projekte steigen würden, wäre das vor allem für den Bausektor von Vorteil", sagt Van Hove. Welche Baumaßnahmen gefragt seien, hänge immer von der jeweiligen Region ab.

Baufällige Brücken

In den USA, aber zum Beispiel auch in Deutschland bröckeln tausende Brücken vor sich hin. Bei unserem Nachbarn im Norden gelten rund 39.000 Brücken als baufällig. In diesem Bereich etwa seien deutlich höhere Infrastrukturausgaben dringend vonnöten. Der Unternehmensberater McKinsey ortet bis zum Jahr 2030 eine weltweite Investitionslücke von 4,7 Billionen Euro. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) geht sogar davon aus, dass bis 2030 weltweit mehr als 40 Billionen US-Dollar oder 35,6 Billionen Euro in den Ausbau der Infrastruktur gesteckt werden müssen. Diese Ausgaben würden sich auch rechnen, meint man bei McKinsey: Bei entsprechend höheren Investitionen könnte das weltweite jährliche BIP bis 2030 um 0,6 Prozent gesteigert werden.

Anlagemöglichkeiten

Unter diesen Voraussetzungen könnten Unternehmen, die im Bereich technische Planung, Beschaffungswesen und Bauausführung tätig sind und unter dem Begriff "Engineering, Procurement and Construction" (EPC) zusammengefasst werden, eine interessante Anlageoption sein. "Allerdings sind viele dieser Unternehmen in privatem Besitz", sagt Van Hove. Zudem unterliegen EPC-Unternehmen häufig spezifischen Risiken, weil nur ein falsch kalkuliertes Großprojekt die Nettogewinne auf Jahre hinaus schmälern kann. "Wir setzen daher eher auf die Hersteller von Werkstoffen und Zement", erklärt Van Hove.

Risiko streuen

Interessante Aktien, die von steigenden Infrastrukturausgaben profitieren könnten, sind zum Beispiel der US-Baumaschinenhersteller Caterpillar und sein japanisches Pendant Komatsu. Bei den Baustoffproduzenten könnte sich ein Blick auf Lafarge-Holcim, Dow Chemical oder die heimische Wienerberger AG lohnen – nach Umsatz immerhin der siebentgrößte Baustoffhersteller der Welt.

Patriotische Gefühle darf man ruhig auch bei Bauunternehmen zeigen, wenn die Regierungen Geld in die Hand nehmen: Die Strabag ist weltweit aktiv und hat immer öfter die Nase vorn, wenn es um große Aufträge geht. Die deutsche Hochtief und der US-Bauriese Fluor Corporation gelten ebenfalls als starke Konzerne.

Wem Einzelaktien zu riskant sind, kann sich Investmentfonds ansehen. Beispiele hierfür sind der "First State Global Listed Infrastructure A", der "DWS Invest I Global Infrastructure" oder der "Credit Suisse (Lux) Infrastructure". In jedem Fall gilt: nicht alles auf eine Karte setzen und einen langen Anlagehorizont planen. (Reinhard Krémer, 15.9.2016)