Am Ende der Bildungspflicht soll laut IV-Konzept eine zentrale Prüfung stehen.

Foto: APA/dpa/Jens Wolf

Wien – Die Industriellenvereinigung (IV) will die Schulpflicht abschaffen. Stattdessen schlägt die Interessenvertretung der Industrieunternehmen die Einführung einer Bildungspflicht vor, die in der Regel vom vierten bis zum vierzehnten Lebensjahr dauern soll. Am Ende steht eine zentrale Prüfung, die alle Schüler bestehen müssen, um eine weitere Ausbildung absolvieren zu können.

Die Bundesregierung sei in ihren bisherigen Reformvorschlägen die "Grundthemen nicht angegangen", kritisiert IV-Präsident Georg Kapsch bei der Präsentation des Konzepts. Das Hauptproblem des Bildungssystems liege in Österreich im Pflichtschulbereich. Die Schule entspreche "in keiner Weise den Ansprüchen der heutigen Gesellschaft".

Die bereits im November des Vorjahres vorgestellte Bildungsreform gehe im Streit zwischen Bund und Ländern unter. "Es ist wieder ein Machtspiel", sagt Kapsch. Stattdessen brauche man ein Gesamtkonzept und klare Zielvorgaben. Dieses sieht er mit den Vorschlägen der IV geschaffen.

Mindeststandards

Schon im Herbst 2014 hat die Industriellenvereinigung eine "mittlere Reife" gefordert. Dieses Wort will man nun nicht mehr verwenden, stattdessen ist im Papier von einem "Grundbildungsnachweis" die Rede.

Die Idee: Die Schulkarriere endet nicht wie derzeit automatisch nach neun Jahren, sondern erst dann, wenn die Schüler ein positives Schulzeugnis ausgestellt bekommen sowie eine zentrale Prüfung bestehen. Abgeprüft werden sollen dabei Mindeststandards in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch.

Der Grundbildungsnachweis muss nicht im Alter von 14 Jahren absolviert werden, auch eine Prüfung ein paar Jahre früher oder später sind laut dem Konzept möglich. Spätestens mit 18 Jahren sollen die Schüler die Prüfung aber bestehen.

Für die Ausarbeitung des Konzepts hat sich die IV von Christa Koenne, ehemalige Direktorin sowie Didaktikerin an der Universität Wien, beraten lassen. Sie sieht im Grundbildungsnachweis ein "Initiationsritual" für junge Erwachsene. Derzeit würden diese ins Erwachsenenleben "trudeln". Mit einer Prüfung zum Abschluss der Bildungspflicht könne man eine klare Grenze schaffen, ab der die Jugendlichen für sich selbst verantwortlich seien.

In naher Zukunft wird das Konzept der IV jedenfalls sicher nicht umgesetzt. Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) sieht zwar "viele positive Anknüpfungspunkte, vor allem im Bereich der Autonomie", derzeit sei die mittlere Reife aber kein Thema, heißt es auf Anfrage des STANDARD.

Mehr Schulautonomie

Dennoch haben sich SPÖ und ÖVP vorgenommen, bis zum 18. Oktober Teile der bereits im November des Vorjahres präsentierten Bildungsreform in Gesetzestexte zu packen. Umgesetzt werden sollen die Vorschläge zur Schulautonomie. Direktoren sollen demnach bei der Wahl der Lehrer für ihre Schule zumindest mitbestimmen können. Die Regelung wird allerdings nur für neu eintretende Pädagogen gelten, hat Hammerschmid kürzlich präzisiert. Mit der größeren Autonomie für Schulen soll eine verstärkte Art der Qualitätsüberprüfung kommen.

Bereits beschlossen wurden Reformen im Bereich des Schulrechts. So können Volksschulen in den ersten drei Klassen auf Ziffernnoten verzichten, und das Sitzenbleiben gehört in den Volksschulen weitgehend der Vergangenheit an.

Weiterhin bleibt offen, wann die Modellregionen für die Gesamtschule beschlossen werden. Eigentlich hatte sich die Koalition darauf geeinigt, dass 15 Prozent der Schulstandorte und der Schüler eines Bundeslandes die gemeinsame Schule von 10- bis 14-Jährigen testen können sollen.

Ebenfalls noch nicht herangewagt hat sich die neue Bildungsministerin an die Reform der Schulverwaltung. Vorgesehen ist hier die Einführung von Bildungsdirektionen, die Pflichtschullehrer und Pädagogen an höheren Schulen gemeinsam verwalten. (Lisa Kogelnik, 15.9.2016)