Virtual-Reality-Brillen drängen auf den Markt. Um Inhalte dafür in optimierter Form über das Netz zu verschicken, sind noch einige Probleme zu lösen. Bei Bitmovin in Klagenfurt wird an entsprechender Streaming-Infrastruktur gearbeitet.

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Klagenfurt – Die Virtual-Reality-Brillen, die zurzeit auf den Markt drängen, erschließen mit den entsprechenden Spielwelten und Filmen neue Formen der Unterhaltung. Sie liefern eine volle Rundumsicht, der Nutzer kann seinen Kopf nach Belieben drehen und wenden und sein Blickfeld wählen. Die neue Technik wird aber durchaus auch die Datenströme im Netz "bereichern". Denn Virtual-Reality-Filme werden in Zukunft auch übers Internet gestreamt. Die umfangreichen Daten sollten also platzsparend verpackt und schnell verschickt werden können. Denn niemand will pixelige, ruckelnde oder eingefrorene Bilder sehen, nur weil der Kopf zu schnell gedreht wird.

Das Kärntner Start-up Bitmovin arbeitet daran, Streamingdienste für Inhalte für Virtual-Reality-Brillen zu optimieren. "Grundsätzlich funktioniert die Technik bereits", sagt Christian Timmerer, einer der Gründer des Unternehmens. "Jetzt geht es darum, die Daten effizienter zu codieren und die zu übermittelnden Datenmengen zu reduzieren." Zur Weiterentwicklung seiner Videoinfrastruktur konnte Bitmovin in der bereits dritten Investorenrunde vor kurzem über zehn Millionen Euro einsammeln.

Entstanden ist das Start-up an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt (AAU). "Wir arbeiten hier an der Uni bereits seit Anfang der 2000er-Jahre an Problemen wie Streaming und Adaption an verschiedene Bandbreiten", erklärt Timmerer, der neben dem Engagement bei Bitmovin weiterhin als Professor am Institut für Informationstechnologie der AAU tätig ist.

Der Grundstein für das Start-up wurde 2010 gelegt. Damals entstand der neue MPEG-Dash-Übertragungsstandard, der Streaming über das Internetprotokoll HTTP zulässt ("Dynamic Adaptive Streaming over HTTP"). Von Timmerers Bitmovin-Kollegen Christopher Müller, der damals an der AAU studierte, kam eine der ersten Implementierungen des Standards in den bekannten Open-Source-Videoplayer VLC. Gemeinsam mit dem dritten Gründer Stefan Lederer wurde daraufhin das Unternehmen in seiner heutigen Form gegründet. Unterstützt wurde Bitmovin in der Anfangsphase unter anderem von der Agentur Austria Wirtschaftsservice.

"Wir haben damals gesehen, dass Marktriesen wie Apple, Microsoft oder Adobe auch nur mit Wasser kochen", blickt Timmerer zurück. "Wir haben deren Implementierungen evaluiert und sind dann zum Schluss gekommen: Eigentlich sind wir im Vergleich ziemlich gut!"

Bitmovin hat sich daran gemacht, eigene Infrastruktur rund um den neuen Streaming-Standard zu entwickeln. Videos werden dabei bereits vom Anbieter in verschiedenen Auflösungen zur Verfügung gestellt und den Anforderungen entsprechend durch Endgerät und Verbindungsqualität automatisch abgerufen. Eigene Software wie ein Browser-Plug-in am Endgerät ist nicht mehr nötig.

Die Software-Infrastruktur wurde zudem in die Cloud transferiert. Kunden, die Videos anbieten wollen, benötigen dadurch keine eigene Hardware, Kosten fallen nur für tatsächlich benötigte Services an. Das Unternehmen kümmert sich dabei auch um das Digital-Rights-Management zum Schutz von Urheberrechten. Timmerer ist stolz darauf, dass Bitmovin die Verschlüsselungsstandards von allen verfügbaren Browsern unterstützt.

Im Rahmen eines Forschungsprojekts, das von der Förderagentur FFG mit Mitteln aus dem Verkehrs- und Wirtschaftsministerium unterstützt wurde, bereitete Bitmovin seine Übertragungstechnologie auf ultrahochauflösende Inhalte vor. Sogenannte 4K- und 8K-Auflösungen werden künftig an Bedeutung gewinnen. Für die hohen Datenmengen braucht es effizientere Codierverfahren. Ein leistungsfähigere Komprimierung – dabei geht es um die Verkleinerung der Datenmenge bei gleicher Videoqualität – wurde für das Streaming optimiert. "Wir achten dabei darauf, dass weder Rechenleistung noch Stromverbrauch am Endgerät steigen", so Timmerer.

Unsichtbares einsparen

Zudem wurde untersucht, wie die Konsumenten Videos wahrnehmen. "Nicht jeder Inhalt muss in der höchsten Qualitätsstufe zum Nutzer kommen", erklärt der Computerwissenschafter. "Bei Videos mit wenig Bewegung kann etwa Datenvolumen eingespart werden, weil keine Qualitätsunterschiede bemerkt werden."

Wenn man heute den Videodienst der TVthek des ORF verwendet und dabei den "Restart-Button" verwendet, um eine bereits laufende Sendung neu zu starten, verwendet man etwa Technologie von Bitmovin. Auch die Online-Videothek Flimmit gehört zu den Kunden. Das Unternehmen betreibt eine Niederlassung in den USA, und selbst in Indonesien nutzt eine Videoplattform namens Genflix Bitmovin-Technologie. Die Entwicklungsarbeit geschieht ausschließlich in Klagenfurt. Der aktuelle Personalstand von knapp 25 Personen soll sich kommendes Jahr verdoppeln.

Dann kann man sich auch der laut Timmerer "sehr komplexen" Sache rund um die Optimierung der Virtual-Reality-Inhalte kümmern. Die Herausforderung dabei: Es soll nicht die ganze 360-Grad-Rundumsicht in voller Qualität gestreamt werden, um den Datentransfer zu reduzieren. "Dort, wo der Nutzer gerade nicht hinschaut, kann man Inhalte einsparen", sagt Timmerer. Allerdings: Wenn sich der Brillenträger ruckartig umdreht, muss auch sehr schnell nachgeliefert werden. (Alois Pumhösel, 17.9.2016)