Troubles mit Wahlkarten gab es auch beim Brexit-Referendum.

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Wenn jemand vielleicht ein bisschen mitfühlen kann mit den Österreichern, die sich gerade mit einer Wahlkartenunbill der Sonderklasse herumschlagen müssen, dann die Briten: Die mussten zwar deswegen keine Wahl verschieben, aber dass man mit der mobilen, papierenen Form des Wählervotums so seine unliebsamen Überraschungen erleben kann, das wissen sie.

Für das Brexit-Referendum über einen EU-Austritt am 23. Juni erhielten nämlich laut britischer Wahlkommission 3.462 Nichtbriten Wahlkarten zugesandt, obwohl sie gar nicht wahlberechtigt waren, erzählt die britische Politikwissenschafterin Melanie Sully im STANDARD-Gespräch.

Ähnliche Überraschungspost bekamen auch 17-Jährige, die nur leider auch noch nicht wählen durften, weil sie ein Jahr zu jung waren. Grund für die Wahlkarten-Irrläufer war eine Software, die in Teilen von England und Wales benutzt wurde. Die Wahlkommission versicherte, dass keine der Stimmen gezählt werde, die Software wurde neu programmiert und die Namen der Betroffenen auch nicht in den Wahllisten der Wahllokale aufgeführt.

Verschwundene Karten

In einem Wahlbezirk in Nordengland seien rund 500 Wahlkarten an Auslandsbriten überhaupt verschwunden und nie bei ihren Adressaten angekommen. Repariert wurde dieser Zwischenfall, indem "die Wahlleiter alle Wahlkarten für ungültig erklärt haben und eine neue Serie an Wahlkarten gedruckt und versandt wurde", erzählt Sully, die in Wien das Institut Go-Governance leitet.

Aber auch für den Fall, dass die Wähler selbst "vielleicht Blödsinn mit der Wahlkarte machen, falsch ankreuzen oder sonst etwas passiert, kann man sie bis zum Wahltag austauschen" – während sie in Österreich, einmal unterschrieben und zugeklebt, falls sie denn klebt, buchstäblich "erledigt" ist – und wenn der Kleber nicht klebt, dann ist die Stimme eben verloren. Ersatz gibt's nämlich nicht.

Ein Problem, das nun auch österreichische Wahlberechtigte in den USA beklagen, wurde auch beim Brexit-Referendum virulent. Rund 100.000 britische Staatsbürger, die in Deutschland leben, bekamen automatisch vorfrankierte Wahlkuverts zugesandt. Deren Größe DIN A5 sorgte laut Sully in deutschen Postämtern für Verwirrung, weil sie nicht als portofrei anerkannt wurden – es war also ungewiss, dass sie tatsächlich ihren Weg in britische Wahlurnen finden würden. "Beide Länder habe es pragmatisch gelöst, die deutschen Postmitarbeiter wurden informiert und die Wahlkarten transportiert."

Schweizer Schwierigkeiten

Übrigens: Auch in der Schweiz, wo 1978 erste Kantone die Briefwahl einführten und seit 1994 landesweit postalisch abgestimmt werden kann, was auch mehr als 80 Prozent der Stimmberechtigten tun, verläuft nicht immer alles nach Plan. Für die nächste Volksabstimmung am 25. September – darunter eine Volksinitiative für eine "grüne Wirtschaft" – haben, so informiert die Gemeinde Herznach im Kanton Aargau auf ihrer Homepage, "die Stimmberechtigten, deren Nachnamen mit 'A' und 'B' beginnen", die Stimmunterlagen aufgrund eines EDV-Systemfehlers "doppelt erhalten". Rund 100 Personen seien betroffen.

Die Doppeladressaten werden nun gebeten, einen Stimmrechtsausweis – so heißt die Wahlkarte in der Schweiz – "entweder zu vernichten oder in der Gemeindekanzlei abzugeben". Mittels "Kontrollliste" werde am Abstimmungstag sichergestellt, "dass nicht doppelt abgestimmt werden kann". Wer schummeln möchte und zwei Stimmen abzugeben versucht, wird hart sanktioniert: Dann werden beide Stimmabgaben für ungültig erklärt.

Schweizer Kuvert-Lapsus

In der Stadt Dietikon im Kanton Zürich wiederum gab es auch einen Kuvert-Lapsus. Laut "Tagesanzeiger" wurden 12.000 Wahlkarten mit der falschen Rücksendeadresse verschickt. Nicht das Postfach der Stadt war darauf zu lesen, sondern die Adresse eines Zustellungszentrums in Schlieren. Dort werden die Abstimmungslagen nun aussortiert und per Kurier nach Dietikon gebracht. (Lisa Nimmervoll, 13.9.2016)