Graz/Wien – Eine lange Zeit ungelöste Frage über die komplexen Wechselwirkungen zwischen dem Magnetfeld der Erde und jenem der Sonne haben Wissenschafter des Grazer Instituts für Weltraumforschung (IWF) geklärt: Plasmajets bringen das dipolare Magnetfeld in der inneren Magnetosphäre zum Schwingen, berichten die Forscher im Fachjournal "Nature Physics". Mit gleicher Periode schwankt auch die Helligkeit des Polarlichts.

Ausgangspunkt der Vorgänge sind sogenannte "magnetische Rekonnexionen". Dabei verbinden sich interplanetare Magnetfeldlinien mit jenen des Erdmagnetfelds und Plasma des Sonnenwindes kann in die Magnetosphäre eindringen. Dies führt nicht nur zu Polarlichtern, sondern kann auch Satellitenkommunikation oder Stromnetze stören.

Rasende Plasmajets

Evgeny Panov und seine Kollegen vom IWF haben anhand von Daten der NASA-Satelliten-Flotte Themis die Energieumwandlungsprozesse im Magnetschweif der Erde analysiert. "Wenn sich bei der Rekonnexion Magnetfelder verknüpfen, dann haben diese einen Knick und damit eine Spannung, ähnlich wie ein Gummiband. Wenn sich diese Spannung ausgleicht, schnappt das Magnetfeld sozusagen zurück und reißt dabei das Plasma mit. Es entstehen schnelle Plasmajets", sagte IWF-Direktor Wolfgang Baumjohann. Das ganze passiert im Magnetschweif in einer Entfernung von etwa 20 Erdradien zur Erde.

Plasmajets und Magnetfeld rasen dann in Richtung der inneren Magnetosphäre, wo sie auf das dipolare Magnetfeld der Erde treffen. "Während im Magnetschweif die meiste Energie im Plasma steckt, in Form thermischer Energie und der hohen Geschwindigkeit des Plasmas, steckt in der inneren Magnetosphäre die meiste Energie im Magnetfeld – und bisher war unklar, wie diese beiden Bereiche aneinandergekoppelt sind", so Baumjohann.

Energiehungrige Lichter

Panov konnte nun zeigen, dass der Plasmajet, der beim Aufprall auf das dipolare Magnetfeld in einer Entfernung von rund zehn Erdradien teilweise reflektiert wird, dieses Magnetfeld zum Schwingen bringt. Oszillierende Magnetfelder erzeugen Ströme – auch in diesem Fall fließen Elektronen entlang der magnetischen Feldlinien.

Stoßen diese Elektronen in den oberen Schichten der Erdatmosphäre auf Atome, entstehen Polarlichter. Die IWF-Forscher wiesen nun nach, dass die Schwingungen des Erdmagnetfelds mit der gleichen Periode wie Helligkeitsschwankungen des Polarlichts erfolgen. "Eine Abschätzung der Energiebudgets zeigte, dass die Polarlichter und die damit verbundenen Ströme die gesamte Schwingungsenergie konsumieren", sagte Panov.

Die 2007 gestartete NASA-Mission Themis besteht aus fünf Kleinsatelliten, die vor allem den Schweif der Erdmagnetosphäre erforschen. Das IWF hat nicht nur an der Erstellung des Missionskonzepts mitgearbeitet, sondern ist auch am Magnetometerexperiment und der wissenschaftlichen Datenauswertung beteiligt. (APA, 12. 9. 2016)