Die Bankenrettungen der Krisenjahre lasten immer noch auf dem Staat.

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Granada/Lissabon – Es ist ein schmerzlicher Spagat. Und dabei gerät Portugals sozialistischer Premier António Costa (PS) zusehends aus dem Gleichgewicht. Wollte er doch mit seiner auf Kommunisten (PCP) und Linksblock (BE) gestützten Regierung den Portugiesen nach den mageren Jahren der "Troika"-Rettung "wieder Hoffnung geben". Mit dem Aufweichen des Sparkurses zur Forcierung der Sozialpolitik – doch der Spielraum ist begrenzt.

Lissabon muss heuer mit einem Defizit von 2,5 Prozent schließen. Steigenden Steuereinnahmen und einem boomenden Tourismus zum Trotz ist dies eine schier quichotteske Aufgabe. Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz forderte daher unlängst im RTP-Radiointerview einen "sanften Euroaustritt Portugals". Die Euro-Mitgliedschaft käme teurer als ein Ausstieg.

Erpressung durch die EU

Zugleich geht die PCP auf die Barrikaden gegen den 2017er-Budgetentwurf, der bis 15. Oktober dingfest gemacht sein muss. PCP-Generalsekretär Jerónimo de Sousa sprach von einem "perfiden Plan der Erpressung seitens der EU", den man abzulehnen habe. Der BE drohte ihrerseits wiederholt mit einem Referendum über Sparauflagen aus Brüssel. Wenngleich Präsident Marcelo Rebelo de Sousa prompt sein Machtwort gegen die Drohgebärden sprach.

Der Haushaltsplan 2017 setzt auf Forschung, Bildung, Kultur und Gesundheit. Doch zu wenig, lamentieren PCP und BE. Denen auch die Anpassung der Pensionen und das Anheben des Mindestlohns bis 2019 auf 600 Euro zu langsam geht.

Doch hat Costas Kabinett vor allem an den Bankenrettungen der Krisenjahre zu kauen. Wie die der Banco Espírito Santo (BES) um 4,9 Milliarden Euro im August 2014. Als Novo Banco im Staatsbesitz neu aufgestellt, verschlang die BES mittlerweile laut Diário Económico 16 Milliarden Euro. Aktuell braucht auch die verstaatlichte Caixa Geral de Depósitos 5,1 Milliarden Euro, die von Staat und Privatinvestoren aufgebracht werden.

Downgrading erwartet

Für zusätzliche Unruhe am Finanzplatz sorgte der Rückzieher der spanischen Caixabank, mit 45 Prozent Mehrheitseigentümer der Banco Português de Investimento (BPI), ebendiese von der angolanischen Magnatin und Diktatorentochter Isabel dos Santos (18,9 Prozent) zu übernehmen. Daran gekoppelt war ein Einstieg in die Novo Banco gewesen. Bis Ende Oktober muss eine Lösung vorliegen – eine, von der sich Lissabon immerhin 2,8 Milliarden Euro aus der Novo Banco erhofft.

Auch ist ein Downgrading durch Kanadas Ratingagentur DBRS für den 21. Oktober zu erwarten. "Meine Priorität ist es, eine zweite Staatsrettung abzuwenden und die Stabilität des Bankensektors zu garantieren", sagte Wirtschaftsminister Mário Centeno (PS). "Eine tickende Zeitbombe" sei Portugal, so die spanische Zeitung El Economista. Brechen doch auch wichtige Exportmärkte Portugals, Nigeria und Angola, mangels Öleinnahmen weg. (Jan Marot, 13.9.2016)