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Bundeskanzlerin Angela Merkel kommt zum Spitzentreffen der Koaliton vor dem Kanzleramt in Berlin an.

Foto: Rainer Jensen/dpa

Berlin – Die Parteichefs der Großen Koalition in Deutschland haben sich auf einen Fahrplan zur Lösung der in der Regierung noch strittigen Sachthemen geeinigt, den Streit über die Flüchtlingspolitik aber ausgeklammert.

Es habe Übereinstimmung gegeben, die strittigen Punkte etwa bei der Erbschaftssteuer, der Entgeltgleichheit von Männern und Frauen sowie der Angleichung von Pensionen in Ost- und Westdeutschland in den kommenden Wochen zu lösen, hieß es nach den Verhandlungen der Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD) aus Teilnehmerkreisen.

Das Spitzentreffen war zuvor nach gut zweistündigen Beratungen zu Ende gegangen. Öffentliche Erklärungen waren nicht geplant. Merkel war am Sonntag zunächst mit Seehofer zusammengekommen, später stieß auch Gabriel dazu.

Nach Angaben aus Koalitionskreisen standen die vom Verfassungsgericht eingemahnte Reform der Erbschaftssteuer, das koalitionsintern umstrittene Gesetz zur gleichen Bezahlung von Männern und Frauen, Fragen der Bund-Länder-Finanzen sowie die Pensionspläne der Koalition auf der Tagesordnung. Eine wichtige Rolle dürfte die Flüchtlingspolitik aber schon gespielt haben, die zwischen den Koalitionspartnern und insbesondere zwischen den Schwesterparteien CDU und CSU für Zwist sorgt.

Der SPD-Chef hatte einem Bericht der "Bild am Sonntag" zufolge vor dem Spitzentreffen einen Brief an die Kanzlerin und den bayerischen Ministerpräsident geschickt, in dem er vor einem Verlust der Handlungsfähigkeit der Regierung warnt. "Wir müssen den Beweis antreten, dass die Koalition den Willen und die Kraft aufbringt, den Zusammenhalt der ganzen Gesellschaft zu festigen", zitiert das Blatt.

Die Christsozialen dringen seit Monaten auf einen härteren Kurs – nicht zuletzt als Reaktion auf die Wahlerfolge der rechtspopulistischen AfD (Alternative für Deutschland). Gegenüber der "Bild am Sonntag" zeigte sich Seehofer optimistisch, dass sich die Union "in nächster Zeit" auf einen gemeinsamen Nenner einigen werde. Zugleich machte er deutlich: "Die Union kommt aus dem Verlierermodus nur heraus, wenn wir eine klare Antwort geben, wie wir die Zuwanderung begrenzen wollen."

Kurz vor dem Spitzentreffen hatte der CSU-Vorstand ein Positionspapier beschlossen, in dem die Christsozialen unter anderem eine Obergrenze bei der Flüchtlingszuwanderung von 200.000 im Jahr fordern. Merkel lehnt dies ab – allerdings wächst auch innerhalb der CDU der Unmut über ihre Politik. Einem "Spiegel"-Bericht zufolge äußerte der Parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Jens Spahn, bei einer Telefonkonferenz des CDU-Vorstands scharfe Kritik an Merkel. Statt immer nur "Wir schaffen das" zu sagen, solle die CDU lieber überlegen, "wie wir dahin kommen, dass die Menschen tatsächlich darauf vertrauen, dass wir es schaffen", sagte Spahn demnach. Die Menschen stellten zu Recht die bange Frage, warum die Integration diesmal besser als in der Vergangenheit funktionieren solle.

Gabriel kritisierte im Vorfeld des Spitzentreffens die Union scharf. Vor allem die CSU tue sich in der Flüchtlingsthematik mit "Parolen und schrägen Vorschlägen" wie einem Burka-Verbot hervor und betreibe damit eine "Banalisierung der Politik". Im Berliner "Tagesspiegel" machte der SPD-Chef die Union für den Aufschwung der AfD verantwortlich, weil CDU und CSU die finanzielle Unterstützung für Kommunen bei der Flüchtlingsintegration lange blockiert hätten.

In seinem Schreiben an Merkel und Seehofer stellte Gabriel laut "BamS" einen Sechs-Punkte-Plan auf, den die Koalition abarbeiten müsse. Dazu zählten ein schneller Kabinettsbeschluss über das Gesetz für Lohngerechtigkeit, eine zügige Einigung bei der Reform der Erbschaftssteuer, die Angleichung der Renten in Ost und West aus Steuermitteln, die Einführung der Lebensleistungsrente, die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen sowie eine erneute Mietrechtsreform. (APA, 11.9.2016)