Die Salzburger Gebietskrankenkasse kam im Zuge von gemeinsamen Prüfungen mit der Finanz zum Schluss, dass 675 Versicherte in 25 Betrieben zu Unrecht als Selbstständige geführt wurden.

Foto: APA/Gindl

Wien – In einer sich ändernden Arbeitswelt kommt es immer wieder zu Streitigkeiten, ob Erwerbstätige als angestellte Dienstnehmer oder als Selbstständige einzustufen sind. Wie der STANDARD berichtete, sorgte zuletzt ein kurioser Fall einer Wiener IT-Firma für Aufregung. Dort möchte die Wiener Gebietskrankenkasse mehrere Gesellschafter, die seit fast 20 Jahren als Eigentümer im Firmenbuch eingetragen sind, zu Angestellten erklären.

Wie häufig derartige Umstufungsversuche vorkommen, geht aus einer aktuellen Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Neos durch das Sozialministerium hervor. Demnach wollten die Krankenkassen im Zeitraum zwischen Oktober 2012 und Ende 2015 bei 106 Betrieben Umqualifizierungen vornehmen. Betroffen waren davon 1644 Personen, die zuvor bei der Versicherungsanstalt der Gewerblichen (SVA) bzw. jener der Bauern (SVB) gemeldet waren.

Kaum Fälle in Vorarlberg

Auffällig ist, dass es nicht im bevölkerungsstärksten Bundesland, nämlich Wien, die meisten Beanstandungen gab, sondern in Salzburg, das nicht einmal ein Drittel der Einwohner Wiens hat. Die dortige Gebietskrankenkasse kam im Zuge von gemeinsamen Prüfungen mit der Finanz zum Schluss, dass 675 Versicherte in 25 Betrieben zu Unrecht als Selbstständige geführt wurden. Die Wiener Gebietskrankenkasse kam mit 633 Fällen auf Platz zwei. Dort waren aber mehr Betriebe, konkret 47, betroffen. In den meisten anderen Bundesländern spielten derartige Streitverfahren kaum eine Rolle. In Vorarlberg vermutete die Gebietskrankenkasse lediglich sechs falsch eingestufte Versicherte, im zweitgrößten Bundesland Niederösterreich waren es nur 42.

Ob die vermuteten Verfehlungen tatsächlich immer mit einer Umstufung zu ASVG-Versicherten endeten, ist nicht ganz klar. Entsprechende Informationen des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger würden nicht vorliegen, argumentiert das Sozialministerium.

Es deutet aber einiges darauf hin, dass die meisten Betriebe die Umstellungen akzeptieren. Die Zahl der offiziellen Verfahren ist nämlich viel niedriger (28) als jene der von Umqualifizierung betroffenen Betriebe (106).

Damit es künftig weniger strittige Fälle gibt, soll in ausgewählten Branchen die Möglichkeit einer gemeinsamen Vorabprüfung von Gebietskrankenkassen und SVA geschaffen werden. Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) hat angekündigt, einen entsprechenden Vorschlag der Sozialpartner umsetzen zu wollen.

Problem mit Rechtssicherheit

Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker befürchtet aber, dass dieses Vorhaben tausenden Versicherten keine Rechtssicherheit bringen wird. Er will die Möglichkeiten der Kassen einschränken. Umstufungen sollen nicht mehr gegen den Willen der Betroffenen möglich sein.

Zudem müssten Ein-Personen-Unternehmen generell Parteistellung in den Verfahren bekommen, und eine schon im Regierungsprogramm angekündigte Schlichtungsstelle im Hauptverband müsste endlich eingerichtet werden. Die ist für Stöger aber offenbar kein Thema mehr. Gespräche dazu habe er weder geführt noch führen lassen, erklärte er.(Günther Oswald, 12.9.2016)