Zürich – Ein schwedisches Forscherteam hat aufgezeigt, dass die Software für die Auswertung von fMRI-Hirnscans fehlerhaft ist und tausende Hirnforschungs-Studien falsch sein könnten. Forschende bemühen sich um Schadensbegrenzung.

Massive Zweifel an Ergebnissen aus Hirnscan-Studien gibt es mindestens seit 2009, als ein amerikanischer Forscher die "Hirnaktivität" eines toten Lachses mit funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRI) nachwies. Dann sorgte das potenzielle Ausmaß, dass schwedische Forschern der Universität Linköping eruierten, für Aufruhr: 40.000 Studien könnten wegen Softwarefehlern falsch sein, berichteten sie im Juni im Fachjournal "PNAS".

Beliebte Software

Inzwischen sprechen die Wissenschafter nur noch von 3.500 Studien, wie der "Tages-Anzeiger" am Donnerstag berichtete. Sie hatten Rohdaten aus bereits veröffentlichten Studien verwendet und durch acht gängige Analyse-Programme laufen lassen.

Drei der acht Software-Programme zeigten in bis zu 70 Prozent der überprüften Fälle falsche Signale – also Aktivität in Hirnarealen, wo keine war. Ausgerechnet diese drei Programme sind unter Forschern die beliebtesten, weil sie eher signifikante Resultate produzieren, wie der "Tages-Anzeiger" schrieb.

Einige Wissenschafter wiesen darauf hin, dass der Fakt, dass die besagten Studien falsch sein könnten, noch nicht bedeute, dass sie auch falsch sind. Viele davon stützten sich nämlich nicht allein auf die angezweifelte Methode, die funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRI).

Mehr Transparenz

Dennoch sehen viele Forscher nach der schwedischen Studie Handlungsbedarf. "Zuerst müssen die Einstellungen in der Software korrigiert werden", sagte MRI-Forscher Christoph Boesch von der Universität Bern. Bei einer der getesteten Softwares sei dies bereits geschehen. Zudem sollten solche Experimente von Experten für mathematische Methoden begleitet werden, um Fehler schneller zu erkennen, so Boesch.

Auch müssten die Rohdaten und verwendeten Analyse-Codes bei jeder Publikation offen gelegt werden, was einige der wichtigsten Fachjournale bereits verlangen. Bei medizinischen Daten sei dies jedoch aus Datenschutzgründen nicht einfach umsetzbar. Außerdem wiederholt Boesch eine in Forscherkreisen vielfach gestellte Forderung: Die Wissenschaftskultur müsse sich so ändern, dass auch Publikationen mit Bestätigungen bereits bekannter Ergebnisse und mit negativen Resultaten zum Zug kommen. (APA, red, 8. 9. 2016)