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Bis in die 1980er-Jahre gab es in den USA ein ausgewogenes Verhältnis der Marktkräfte: mehrere sich überschneidende Interessengruppen, die alle bei der Politik Gehör fanden. So war dafür gesorgt, dass alle Teile der Gesellschaft etwas von einem Aufschwung hatten.

Das ist vorbei, schreibt der Ökonom Robert Reich, der unter Präsident Bill Clinton Arbeitsminister war, in seinem Buch "Rettet den Kapitalismus!". Als Hauptgrund dafür macht er die Globalisierung fest. Diese entzog breiten Teilen der Bevölkerung Arbeitsmöglichkeiten und damit Wohlstand und die Aussicht auf sozialen Aufstieg. Außerdem gewannen Großunternehmen, die Wall Street und reiche Einzelpersonen immer mehr an Einfluss. Heute sei es so, dass es "ein wachsendes Heer müßiger Reicher" gibt und ein wachsendes Heer von "Erwerbsarmen". Während die Einkünfte der Ersteren in schwindelerregende Höhen steigen, haben immer größere Teile der Gesellschaft wenig vom Kuchen.

Gefährliche Schieflage

Dieses politisch-ökonomische Arrangement hat eine gefährliche Schieflage erzeugt, die durch technologische Veränderungen – Stichwort Roboterisierung – noch verstärkt wird. Der Kapitalismus in seiner derzeitigen Ausformung zerstöre sich selbst, da er auf den Profit weniger setze. Der Unmut der Bevölkerung wächst.

Reich liefert eine sehr schlüssige Analyse zum herrschenden politisch-wirtschaftlichen System in den USA und abgeschwächt auch in Europa. Weniger umfangreich und präzis sind seine Vorschläge, wie dieser Ungleichheit die Spitze genommen werden könnte. Erbschaftsteuer ist einer der Vorschläge – denn der größte "intergenerationelle Wohlstandstransfer der Geschichte" steht erst bevor. Nach Ansicht von Reich war es falsche Politik, die zur Bevorzugung des einen reichen Prozents der Bevölkerung geführt hat. Und richtige Politik könnte diese Entscheidungen auch wieder revidieren. Politisch schlägt er die Gründung einer Partei vor, die die "Wiederherstellung einer Gegenkraft" zum Ziel hat. (Johanna Ruzicka, 8.9.2016)