Bild nicht mehr verfügbar.

Manche Abrechnung und mancher Rückkauf von Lebensversicherungen sind aus Kundensicht enttäuschend ausgefallen. Dann kann sich eine Überprüfung lohnen, ob über Rücktrittsrechte aufgeklärt wurde.

Foto: Jörg Carstensen dpa

Wien – Auf Österreichs Assekuranzen könnte noch einiges zukommen, sofern der Verein für Konsumenteninformation (VKI) mit seinen Ansichten über Lebensversicherungen Recht bekommt. In einer Sammelaktion hat er 1300 klassische oder fondsgebundene Produkte, die ab Jänner 1994 abgeschlossen wurden, auf fehlende oder fehlerhafte Belehrungen über das gesetzliche Rücktrittsrecht geprüft. Das Ergebnis: Fast zwei Drittel der Verbraucher, konkret 64 Prozent, wurden nicht ausreichend aufgeklärt. Aus Sicht des VKI besteht für diese Polizzen nun ein unbefristetes Rücktrittsrecht, selbst wenn sie bereits beendet oder rückgekauft wurden.

Bei einem guten Fünftel (21 Prozent) wurden die Kunden korrekt beraten, bei 15 Prozent lautet die Einschätzung des VKI auf "zweifelhaft" – etwa weil sie ausländischem Recht unterliegen. "Wahrscheinlich werden Millionen Verträge betroffen sein, bei denen ein Rücktritt möglich und eventuell wirtschaftlich sinnvoll wäre", sagt Ulrike Wolf, Leiterin der VKI-Sammelaktionen. Die "bescheidene" Zahl an überprüften Polizzen erklärt sie dadurch, dass diese Möglichkeit nicht beim Verbraucher angekommen sei. Den weiterhin vom Versicherungsverband vertretenen Standpunkt, dass es sich nur um "Einzelfälle" handle, hält sie aber für widerlegt.

Rücktritt statt Rückkauf

Die Ansichten des VKI beziehen sich auf ein EuGH-Urteil, das in einem Fall vom OGH insofern bestätigt wurde, als ein unbegrenztes Rücktrittsrecht eingeräumt wurde. Dies sei von einem Rückkauf durch die Versicherung zu unterscheiden, betont VKI-Vertrauensanwalt Alexander Klauser. Seiner Meinung nach stehen Verbrauchern alle eingezahlten Prämien samt vierprozentiger Verzinsung zu. Davon abgezogen könne der Risikoschutz werden, etwa auf Ableben oder Berufsunfähigkeit.

"Im Falle eines Rücktritts während der Vertragslaufzeit ist im Versicherungsvertragsgesetz ganz klar geregelt, dass der sogenannte Rückkaufswert seitens der Versicherungsunternehmen an die Kunden zu erstatten ist und der Vertrag nicht rückabgewickelt wird", argumentiert der Versicherungsverband. Dem hält Klauser den Effektivitätsgrundsatz entgegen, dem zufolge EU-Recht nicht durch nationale Bestimmungen unterlaufen werden dürfe. Aber er räumt ein, dass einige Punkte gerichtsanhängig oder offen seien, etwa die Auswirkung der Verpfändung als Tilgungsträger von Krediten: "Das wird zu klären sein."

"Wo ist das Geld geblieben?"

Die Lebensversicherungen seien intransparent gestaltet, Kunden könnten diese nicht selbst nachrechnen, erklärt Aktuar Philipp Schade, der für den VKI die Polizzen nachkalkuliert hat. Demnach steigen Verbraucher bei einem Rücktritt in der Regel um 25 bis 60 Prozent besser aus – mit Ausreißern in beide Richtungen. "Wo ist das Geld geblieben?", fragte er bei einem besonders ungünstigen Fallbeispiel einer Fondsgebundenen – und beantwortete es selbst mit schwachen Veranlagungsergebnissen und hohen Kosten. Für eine grobe Einschätzung, ob eine Rückabwicklung im Einzelfall wirtschaftlicher wäre als ein Rückkauf, bietet der VKI nun einen Online-Schnellrechner an.

Wie der Branchenverband rät auch die Wiener Städtische als Marktführer von einem Ausstieg ab, auch in Form eines Rücktritts, und verweist auf früher gewährte höhere Garantiezinssätze von bis zu vier Prozent. Man lege Wert auf Transparenz in den Kundenbeziehungen, dazu gehörten auch Beratung und Aufklärung über Konsumentenrechte. (Alexander Hahn, 6.9.2016)