Istanbul – Erneut ist ein internationales Kunstfestival in der Türkei abgesagt worden. Weniger als drei Wochen vor Beginn der 5. Canakkale Biennale gaben die Organisatoren am Montag bekannt, die aktuelle Politik lasse die Fortsetzung der mit großem Engagement betriebenen Vorbereitungen nicht zu. Die Kunstbiennale hätte sich ab 24. September mit Arbeiten von 42 Künstlern dem Thema "Heimat" gewidmet.

Schon die Kunstbiennale Sinopale am Schwarzen Meer war wenige Tage nach dem gescheiterten Putschversuch des 15. Juli aus politischen Gründen abgesagt worden. In Canakkale, einer 100.000-Einwohner-Stadt an den Dardanellen, war man hingegen überzeugt gewesen, genügend Rückhalt in der Bevölkerung und der regionalen Politik zu besitzen, um sich künstlerisch mit den auch vor Ort brisanten Migrationsfragen auseinandersetzen zu können.

"Geht mehr ums Überleben als ums Leben"

"Gegenwärtig ist dieses Land von ethnischen, religiös fundamentalistischen und neokapitalistischen Ambitionen bedroht; in dieser Situation geht es mehr ums Überleben als ums Leben", hatte die Biennale-Leiterin Beral Madra (76) zuletzt in einem "profil"-Interview offene Worte für die Situation in ihrem Land gefunden. Ihre kritische Haltung scheint ihr nun zum Verhängnis geworden zu sein.

Der AKP-Abgeordnete Bülent Turan warf Madra vor, die Kurden-Partei HDP zu unterstützen und Sympathien für die gescheiterten Putschisten zu haben und rief die Stadt dazu auf, der Biennale ihre Unterstützung zu verweigern. Um die Durchführung des Kunstfestivals zu retten, war Madra daraufhin kurzfristig von ihrer Position zurückgetreten. Ohne Erfolg.

Tief traurig über eine politische Agenda, in der Kunst keinen Platz habe, widme man die nicht realisierte 5. Canakkale Biennale und die bisher dafür geleisteten Anstrengungen aller Mitarbeiter jenen, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden, heißt es in einer Presseerklärung der Veranstalter. (APA, 6.9.2016)