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Eine Besamungsstation in Oberösterreich. Bullensperma ist ebenfalls ein Exportgut.

Foto: Reuters/Föger

Wien – Die Globalisierung hinterlässt bei der Exportförderung Spuren. Immer mehr Unternehmen schaffen das Mindesterfordernis für staatliche Garantien zur Risikoabsicherung von Ausfuhrgeschäften nicht, weil nicht mehr 50 Prozent der Wertschöpfung des Exportumsatzes im Inland erfolgen. Wohl wird die Zulieferung von Vorprodukten aus Auslandstöchtern der Österreich-Niederlassung zugerechnet, die Arbeitsteilung in der Sachgüterproduktion über Zulieferer aus dem Ausland schreitet aber voran.

Zur Größenordnung: 2015 haben österreichische Unternehmen 3,8 Milliarden Euro an Exportgarantien und Wechselbürgschaften neu gezeichnet und damit ein Haftungsobligo der Republik von 26,2 Milliarden Euro erreicht. Laut der mit der Abwicklung beauftragten Oesterreichischen Kontrollbank (OeKB) betrug das Verhältnis der Neuzusagen zu den Waren- und Dienstleistungsexporten (ohne Reiseverkehr) 1,78 Prozent.

Um die Erfolgsgeschichte Exportförderung fortzusetzen, drängen wirtschaftspolitische Entscheidungsträger und nicht zuletzt die im Eigentum der Banken stehende OeKB auf eine Reform des Ausfuhrförderungsgesetzes. Denn der inländische Wertschöpfungsanteil heimischer Exporte sank seit 1995 von durchschnittlich 76 Prozent auf 65 Prozent im Jahr 2011. Für einzelne Exportprodukte beträgt er bereits weniger als die Hälfte.

Absenkung auf 30 Prozent

Die Kontrollbank tendiert zu einer Absenkung des Mindesterfordernisses in Richtung 30 Prozent, wie in Finnland, Dänemark, Frankreich und Japan längst geübte Praxis. Dazu braucht es das Finanzministerium, in dessen Namen die OeKB das Fördergeschäft (gegen Haftungsentgelt) abwickelt. Der schwedische Weg scheint zu radikal. Die Nordlichter verzichten – wie Kanada und Italien – de facto auf Auflagen. Ihnen genügt es, wenn dem schwedischen Exporteur die Projektplanung eines Großprojekts obliegt.

Eine Absenkung des Mindestanteils an inländischer Wertschöpfung würde Österreich in eine Gruppe mit Finnland, Dänemark, Frankreich und Japan katapultieren. Mit 20 Prozent inländischem Exportprojektvolumen begnügen sich die Niederlande, Spanien und Großbritannien, während sich Tschechien, Polen und die Schweiz mit Ausnahmen für spezielle Produkte oder für nicht im Inland erhältliche Vorleistungen (Schweiz) behelfen.

Tür mit Seitenteilen

Deutschland wiederum hält an der für den Arbeitsplatzerhalt vorteilhaften 50-Prozent-Schwelle fest, hat allerdings eine Reihe von Hintertürln eingebaut. Auf Antrag kann der Exporteur beispielsweise eine Überprüfung erwirken, die zu einer Absenkung des Inlandswertschöpfungsanteils führt.

Wie das Match ausgehen wird, ist offen. Wifo-Ökonom Url sieht eine Defensivstrategie mit Beibehaltung der Wertschöpfungsvorgaben für ein kleines Land wie Österreich kritisch. Denn dann würde sich die Garantievergabe auf unterdurchschnittlich internationalisierte Wirtschaftsbereiche konzentrieren, was wiederum Kostennachteile fördern würde. "Weil Auslagerungsmöglichkeiten in kostengünstigere ausländische Produktionsstätten oder Zukäufe von kosteneffizienten ausländischen Lieferanten ungenutzt bleiben", wie es in der Studie heißt. Die langfristig negative Folge: Technologisch spezialisierte Vorprodukte würden weniger intensiv genutzt, und der Technologiegehalt österreichischer Exporte würde langfristig abnehmen.

Ein wenig Flexibilität

Ein wenig Flexibilität hat ins Exportfördergeschäft bereits Einzug gehalten: Für kleinere Betriebe mit starker Produktion in Österreich wird der Wertschöpfungsanteil bei Projekten bis zu zehn Millionen Euro Volumen auf Grundlage des Jahresumsatzes pauschaliert. Da mehr Ausnahmen die Zahl der Prüfungen und damit die Bürokratie erhöhen, könnten neue Kriterien eingeführt werden, etwa die vergangene Beschäftigungsentwicklung im Inland oder die Forschungsquote des Unternehmens, sagt Url.

Eine Abschaffung der seit dem EU-Beitritt sukzessiv eingeschränkten Exportförderung ist keine Alternative. Am meisten betroffen wären Anlagenbau, Metallerzeugung und Kfz-Industrie, also Schlüsselbranchen der österreichischen Industrie. Allein der Maschinenbau würde einen Produktionsausfall um rund zwei Milliarden Euro (Referenzjahr 2016) verbuchen, gefolgt vom Fahrzeugbau mit 900 Millionen und der Metallerzeugung mit 500 Millionen Euro. Das würden auch Dienstleitungsbereich, Handel und Realitätenwesen spüren. Gesamtwirtschaftlich ergibt die Simulationsrechnung mittelfristig eine jährliche Schrumpfung der Exporte um 1,9 Prozent und des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,6 Prozent. Und: Etwa 30.000 Arbeitsplätze wären weg. (ung, 6.9.2016)