Louzek: "Große Diskussion über das gesamte System."

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Erst vor wenigen Wochen scheiterten die Verhandlungen für eine Mietrechtsreform erneut.

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Wolfgang Louzek, Präsident des Verbands der Immobilieninvestoren, fordert beim Mietrecht ein völlig neues Denken ein und will, dass die WKÖ in Sachen Geschäftslokalen auch an die Interessen der jungen Mieter denkt.

STANDARD: Sie vertreten die großen institutionellen Investoren. Wie sehr waren Sie in die Mietrechtsverhandlungen eingebunden?

Louzek: Über die "Plattform Immobilienwirtschaft Österreich", deren Mitglied wir sind, wurden wir regelmäßig informiert, soweit das die in den Verhandlungen vereinbarte Vertraulichkeit zugelassen hat. Wir haben dort auch diskutiert, bei welchen Themen wir mitgehen können und wo das überhaupt nicht geht. Viele von uns hätten sich stärker einbringen wollen, aber das war bei der ÖVP gar nicht möglich. Denn das Schwierige für die ÖVP-Verhandler war ja, erst einmal eine ÖVP-Position auszumachen. Das wissen natürlich auch die SPÖ-Vertreter, und die können deshalb dort die Richtung vorgeben. Die sind durch die Form, wie das organisiert ist, einfach im Vorteil. Das ist so, und das muss man zur Kenntnis nehmen. Ein Mehrangebot an Wohnungen werden wir so aber nicht erzeugen.

STANDARD: Was Ihr "Leibthema", die Geschäftsraummieten, betrifft, ist die Abstimmung aber auch innerhalb der WKÖ schwierig.

Louzek: Ja, das ist richtig. Die Immobilientreuhänder sind dem Grunde nach auf unserer Seite, aber die sind ja innerhalb der Kammer kein Schwergewicht. Die Kammer hat die Tendenz, dass sie auf die vielen kleinen Gewerbetreibenden "aufpassen" will. Sie übersieht dabei aber, dass die oft gar nicht in besonderer Weise geschützt sind. Bei jeder Übergabe eines kleinen Betriebs "erwischt" ihn der Hausbesitzer sowieso insofern, als er die Miete im Lauf der nächsten 15 Jahre sukzessive anheben kann. Die Großen hingegen können sich gute Berater, Stiftungen, Gesellschaften im Ausland leisten. Bei denen haben Sie als Hausbesitzer keine Chance. Die Kammer schützt also eigentlich die Falschen. Hier wäre mehr der Blick auf die Gerechtigkeit oder Chancengleichheit gefragt. Wenn ein kleiner Installateur in einer C-Lage an seinen Sohn übergeben will, ist man als Vermieter ohnehin meist froh, wenn der Sohn den Betrieb weiterführt. Denn mehr Miete kriegt man dort eh nicht.

STANDARD: In Wiens City aber schon, deshalb sperren dort viele Traditionsbetriebe zu.

Louzek: Das liegt meistens daran, dass die an dem Standort einfach kein Geschäft mehr machen. Mit der Miete hat das überhaupt nichts zu tun, wie auch jüngst eine in den Medien nachzulesende Geschichte in der Wollzeile zeigt. Wenn die öffentliche Hand meint, solche Geschäfte als Museum weiterführen zu wollen, soll sie das finanzieren – aber doch nicht der Hauseigentümer. Am Graben und am Kohlmarkt gibt es extreme Mietpreise, das stelle ich gar nicht in Abrede. Aber richtig gemacht hat es vor einigen Jahren beispielsweise das Waffengeschäft am Graben. Der Besitzer ist mit dem Laden in die Seilerstätte gegangen, dort passt's für ihn. Der hat ja eh keine Laufkundschaft, der muss nicht am Graben sein.

STANDARD: Wenn Sie "Geschäftsraummieten raus aus dem MRG" sagen, meinen Sie damit eigentlich den Vollanwendungsbereich?

Louzek: Ja, ganz raus. Die Geschäftsraumebene ist durch UGB (Unternehmensgesetzbuch) und ABGB ausreichend geregelt. Da machen sich zwei Unternehmer untereinander etwas aus. Im Übrigen spielt der Kündigungsschutz, den man im Teilanwendungsbereich ja noch genießt, bei Neuvermietungen von Geschäften ohnehin keine Rolle mehr, denn wer heute ein Geschäftslokal unbefristet vermietet, dem ist eh nicht mehr zu helfen. Es geht uns einfach darum, den verbreiteten Missbrauch mit den Altmietverträgen abzustellen. Manche Mieter warten nur noch darauf, dass ihnen der Hauseigentümer für teures Geld ihren unbefristeten Mietvertrag ablöst. Im Übrigen sind die Altmieter zweifach geschützt: einmal gegen die Kündigung, ein zweites Mal gegen die Zahlung eines auch nur irgendwie angemessenen Mietzinses. Da muss man die Kammer auch einmal fragen: Schützt ihr nur die Altvorderen, die auf den günstigen Mietverträgen sitzen, oder wollt ihr nicht auch die schützen, die neu anfangen? Denn die zahlen derzeit die Differenz. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Es sollen sich natürlich nicht nur die Hausbesitzer bereichern können, und die Mieter die Dummen sein. Gegen gerechtfertigte Investitionsablösen ist gar nichts einzuwenden. Aber es kann nicht Sinn einer Schutzregelung sein, dass man auf einem Mietvertrag sitzt und nur darauf wartet, dass man ihn teuer abgelöst bekommt.

STANDARD: Zurück zur Mietrechtsdiskussion. Am Tag des jüngsten Scheiterns der Verhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP haben Sie bedauert, dass es nicht zu einem "New Deal" kommt. Wie würde der idealerweise aussehen?

Louzek: Es ging in den Verhandlungen wieder einmal nur darum, am Mietrechtsgesetz herumzuschrauben. Wir hätten gesagt: Schmeißt alles weg, was bisher war, und schauts einmal, was der Mindestbestand wäre, was man wirklich braucht, um das Wohnen in Österreich zu regeln. Eine große Diskussion über das gesamte System wurde aber nicht zugelassen. Wenn man nur übers MRG redet, ist man automatisch schon wieder in der parteipolitischen Falle. Was die von mir vertretenen institutionellen Investoren betrifft, ist unsere klare Forderung, die Diskussionen über neue Mietzinsobergrenzen sofort zu beenden oder rasch eine wirkliche Reform durchzuziehen. Wir müssen private Investoren motivieren, in Wohnungen zu investieren. Das geht mit steuerlichen Anreizen, die sich für den Finanzminister auch rechnen würden, mietrechtlichen Freiheiten oder baurechtlichen Materien. Dort sollten Erleichterungen kommen, etwa dass man nicht nur Dachgeschoße ausbauen, sondern auch neue Regelgeschoße schaffen kann. Und dass man sich als Zinshausbesitzer aus dem MRG "raussanieren" kann, auch das unterstützen wir. Diese Idee ist grundsätzlich gut – und im Übrigen gar nicht neu. Etwas Ähnliches hatten wir schon vor 1994, also vor Inkrafttreten des Richtwertsystems. (Martin Putschögl, 4.9.2016)