Berlin/Wien – Der österreichische Verfassungsgerichtshof verabschiedete sich am 1. Juli vom der geltenden Rechtslehre – als er vor TV-Kameras und Radiomikros verkündete und begründete, warum er die Bundespräsidentenwahl aufhob. Paragraf 22 des österreichischen Mediengesetz verbietet Aufnahmen von Gerichtsverhandlungen – auch von Urteilsverkündungen. Die deutsche Regierung stimmte nun einem Gesetzesentwurf zu, der Aufnahmen bei wichtigen Urteilen von Bundesgerichten erlaubt.

Bisher sind in Deutschland, mit wenigen Ausnahmen, keine Live-Aufnahmen von Gerichtsverhandlungen erlaubt. Nun sollen laut Entwurf "wichtige" Urteilsverkündungen der obersten Bundesgerichte künftig auch live im Fernsehen und im Internet zu sehen sein. Das könnte vielen Menschen den Rechtsstaat näher bringen, begründete das Justizminister Heiko Maas.

Die fünf obersten Gerichte des Bundes – Bundesgerichtshof, Bundesverwaltungsgericht, Bundesarbeitsgericht, Bundessozialgericht und Bundesfinanzhof – sollen mit Beschluss und Inkrafftreten des Entwurfs ihre Urteile auch live übertragen verkünden können.

Für das deutsche Pendant des österreichischen Bundesgerichtshofs, das Bundesverfassungsgericht, gilt das deutsche Verbot für Live-Übertragungen ohnehin schon bisher nicht. (red, 1.9.2016)