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In die Röhre schauen Finanzanbieter und -kunden in Österreich bei der Identifizierung per Video – was andernorts längst möglich ist.

Foto: EPA / Rainer Jensen

Wien – Sich bequem per Videochat und Reisepass erstmalig bei einem Onlineanbieter auszuweisen, statt zwecks Identifizierung zur Bankfiliale oder Post pilgern zu müssen – was in Deutschland oder der Schweiz längst gang und gäbe ist, bleibt in Österreich bis auf weiteres Zukunftsmusik. Solche Entwicklungen zu verschlafen kann zu einem regelrechten Standortnachteil werden, wie etwa der Fall des IT-Unternehmers Richard Mauve belegt.

Statt mit seiner neuen Banking-App für Retailkunden mit einem österreichischen Partner im nächsten Jahr an den Start zu gehen, muss er den Umweg über Deutschland antreten: "Als österreichisches Fintech wollen wir auch eine heimische Abwicklungsplattform nutzen", betont der Gründer. "Nur so bleiben Wertschöpfung und Arbeitsplätze in Österreich." Stattdessen erwägt er sogar, sein Start-up gänzlich in Deutschland anzusiedeln.

Gespräche mit Gesetzgeber

In der Finanzmarktaufsicht ist man sich des Problems bewusst, laut Bankwesengesetz bei der Identifizierung nach wie vor physisch vor Ort sein zu müssen. Es gebe bereits diesbezügliche Gespräche mit dem Gesetzgeber, erklärt Sprecher Klaus Grubelnik auf Anfrage. Videoidentifizierung zu ermöglichen kann aus seiner Sicht im Rahmen der Umsetzung der vierten EU-Geldwäscherichtlinie erfolgen, die bis Mitte 2017 in österreichisches Recht gegossen werden muss.

Aus Sicht der Verbraucher hält es Christian Prantner von der Arbeiterkammer für unerlässlich, dass bei Betrugs- und Missbrauchsfällen die Anbieter haften würden. Deren Sorgfaltspflicht müsse sehr hoch sein, insbesondere bei der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen. "Die Risiken einer fehlgeschlagenen Transaktion dürfen nicht beim Kunden liegen", hebt Prantner hervor.

Strengere Vorschriften

Um das rechte Augenmaß bei der Umsetzung der Videoidentifizierung ringt man freilich selbst in Deutschland noch. Nach einem Aufschrei von Banken und Fintechs ruderte die Finanzaufsicht Bafin zurück und setzte eine Verschärfung der Vorschriften wieder außer Kraft. Demnach hätten Anbieter die Kundendaten im Internet und in sozialen Medien überprüfen müssen. Quintessenz: Es bedarf einer Klärung, was genau Anbieter künftig kontrollieren sollen – und wie viel davon das deutsche Datenschutzgesetz hergibt. (Alexander Hahn, 2.9.2016)