Nach den Bauern sucht ATV mit Arabella Kiesbauer (Mitte) derzeit Wirtsleuten neue Partner. ATV-Eigentümer Herbert G. Kloiber sucht für seinen Sender einen neuen Wirt.

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"ATV war mein größter Fehler. Mit ATV habe ich bislang Verluste in zweistelliger Millionenhöhe gemacht": Herbert G. Kloiber

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"Kein Danaergeschenk" für Sohn Herbert L. Kloiber.

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Wien – Herbert G. Kloiber versucht es mit einer neuen Verkaufstechnik: "ATV war mein größter Fehler", sagt der Programmhändler dem "Handelsblatt". Zweistellige Millionenverluste habe ihm der österreichische Privatsender eingetragen. Dazu das Verkaufsinserat: Bis Ende 2017 will Kloiber den Sender loswerden.

Bisher dementierte Kloiber jede Verkaufsabsicht und redete doch immer wieder mit potenziellen Käufern. Die Preisvorstellungen sollen sich von einst dreistelligen Millionenbeträgen längst um die 30 Millionen eingependelt haben.

Die "Krone" wurde als Interessent gehandelt, Österreich und eine kanadische Mediengruppe. Selbst ORF-Managern soll Kloiber seinen Sender angedient haben.

Hauptverdächtige waren die großen deutschen Privatsendergruppen, die mit Werbe- und Programmfenstern den privaten österreichischen Fernsehmarkt beherrschen. Während Österreichs Medienpolitik nationales Privatfernsehen über Jahrzehnte verhinderte, grasten RTL und ProSiebenSat.1 mit Werbefenstern, später mit Programmfenstern und eigenem Sender (Puls 4) den Werbemarkt neben dem ORF ab. Ohne oder mit sparsamen Programmen für Österreich waren auch weit billigere Werbepreise möglich. Mit denen sich ein eigener nationaler Sender wie ATV nicht ausging.

Umlaufrendite

Kloiber verhandelte etwa mit der RTL Group und ProSiebenSat.1. Selbst mit besten Konzernsynergien würde der Sender noch einstellige Millionenverluste schreiben, hört man über die Kalkulationen in München und Köln. Die ATV Privat TV GmbH & Co KG wies seit 2008 nur einmal ein einstelliges Minus aus, alle übrigen Jahre waren zweistellig negativ. Letzter verfügbarer Wert: 13,6 Millionen Minus 2014. Umsatz: rund 34 Millionen Euro.

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Im Gespräch mit dem STANDARD räumt Kloiber ein: Mit Verlustabschreibungen und Programmkäufen kam und kommt ATV den Gesamtkonzern Tele München Group nicht so teuer zu stehen, im Konzern habe der Sender schon "eine Umlaufrendite". Aber: Sein Sohn Herbert L. Kloiber habe mit dem Mediengeschäft in Österreich "weniger als nichts zu tun". Er werde "nicht mit dem gleichen Enthusiasmus den 17. Minister treffen", der im österreichischen Rundfunksystem wieder "keine Voraussetzungen für ein blühendes Geschäft wie in Deutschland" schaffe. RTL 2 schaffe dort mit vier bis sechs Prozent Marktanteil in der Werbezielgruppe 300 Millionen Umsatz und 60 Millionen Gewinn vor Steuern.

Bereinigung des Portfolios

Zum 70. Geburtstag will der Wiener Kloiber seinen Medienkonzern Sohn Herbert L. Kloiber übergeben, ohne ATV. Bis zu diesem 6. Dezember 2017 wird sich Kloiber senior um "die Bereinigung unseres Portfolios kümmern. Ich will meinem Sohn kein Danaergeschenk machen."

Was, wenn sich kein Käufer findet? "Ich habe mit Sicherheit nicht die Absicht, so ein Unternehmen zu schließen", sagt Kloiber. Konkrete Verkaufsgespräche führe er bisher nicht. Er sieht sich "in einer Phase der Sondierung". (fid, 31.8.2016)

Die ursprüngliche Meldung vom Mittwochvormittag

Wien – Der Filmhändler und Eigentümer der Tele-München-Gruppe, Herbert Kloiber, denkt in der deutschen Wirtschaftszeitung "Handelsblatt" laut über einen Ausstieg beim österreichischen Privatsender ATV nach. "ATV wird im Rahmen der Zukunftsplanung wohl nicht mehr Teil des Portfolios sein, das man seinem Nachfolger übergibt", sagte er der Zeitung. Der Sender soll verkauft werden.

Vor eineinhalb Jahren hatte Kloiber Spekulationen über einen Verkauf von ATV noch zurückgewiesen: "Im Moment steht nichts zur Diskussion: weder für 50, noch für 35 Millionen, weder mit RTL, noch mit Pro Sieben", so Kloiber damals. Nun bereut er im "Handelsblatt" das Österreich-Engagement. "ATV war mein größter Fehler. Mit ATV habe ich bislang Verluste in zweistelliger Millionen-Euro-Höhe gemacht", so Kloiber, dem auch der deutsche Privatsender Tele 5 gehört und der außerdem an RTL 2 beteiligt ist.

"Kein Danaergeschenk" an Sohn

Kloiber will sich nächstes Jahr aus dem operativen Geschäft zurückziehen. "Zu meinem 70. Geburtstag am 6. Dezember 2017 will ich die Geschäftsführung der Tele-München-Gruppe an meinen Sohn übergeben, der vermutlich andere Akzente setzen wird. Deshalb werde ich mich bis zur Übergabe auch um eine Bereinigung unseres Portfolios kümmern", sagte der Medienunternehmer. "Ich will meinem Sohn mit ATV kein Danaergeschenk machen."

ATV war 2003 der erste landesweit ausgestrahlte Privatsender in Österreich und gehört über die Tele-München Fernseh-GmbH & Co seit Anfang 2008 praktisch zur Gänze dem österreichischen Filmhändler. Davor war die damals noch der Gewerkschaft gehörende Bawag an dem Sender, der ursprünglich 1997 als regionaler Privatsender Wien 1 gestartet war, beteiligt. Von 1999 bis 2006 investierte die Bawag laut Medienberichten rund 125 Millionen Euro in den Sender, ohne je einen Euro Gewinn zu machen.

Bisherige Verkaufsgespräche Kloibers dürften dem Vernehmen nach an zu hohen Preisforderungen für ATV gescheitert sein. Beim nun endgültig anstehenden Verkauf seines Österreich-Senders setzt Kloiber auf sein Verhandlungsgeschick. "Eine meiner schönsten Geschichten war der Verkauf von Tele 5 an die Kirch-Gruppe für damals 180 Millionen Mark und die Veräußerung von TM3 an Rupert Murdoch für einen dreistelligen Millionenbetrag", so Kloiber im "Handelsblatt". (APA, 31.8.2016)