Paris – Der französische Staatssekretär für Außenhandel sprach am Dienstag Klartext: "Es gibt keine politische Unterstützung Frankreichs für diese Verhandlungen mehr", meinte Matthias Fekl in einer Radiosendung zum geplanten Freihandelsabkommen der USA und EU. "Frankreich verlangt den Abbruch der Verhandlungen." Beim kommenden Handelsministertreffen Ende September in Bratislava werde Paris diese Forderung offiziell einbringen, präzisierte Fekl. "Und wenn ein Land wie Frankreich ein solches Abkommen nicht will, dann wird es dieses auch nicht geben."

Als Grund nannte der Franzose die Unnachgiebigkeit der USA: "Die Amerikaner geben nichts oder nur Brosamen. Auf diese Weise verhandelt man nicht zwischen Bündnispartnern." Frankreich war der geplanten "Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft" (TTIP) ursprünglich eher gewogen gewesen – eher jedenfalls als Deutschland. Präsident François Hollande sah darin ein Mittel, die Wirtschaftsflaute im eigenen Land zu bekämpfen – und damit seine Chancen bei den kommenden Wahlen in Frankreich zu erhöhen.

Wind dreht in Frankreich

Mit den anstehenden Präsidentschaftswahlen im Mai 2017 dreht der Wind in Frankreich allerdings. Wie in Deutschland machen sich die Zivilgesellschaft sowie die Gewerkschaften zunehmend bemerkbar, und das ist nicht alles. Unter dem Einfluss des ultranationalistischen Front National neigen auch immer mehr Rechtspolitiker populistischen und isolationistischen Thesen zu; ihre Argumente ähneln damit denjenigen des republikanischen Präsidentschaftskandidaten in den USA, Donald Trump. Als indirekte Folge gibt sich auch die demokratische Kandidatin Hillary Clinton arbeiternah und damit eher TTIP-kritisch.

Das Gleiche zeigt sich nun in Paris mit Hollande. Er gerät zudem unter Druck von seinem linken Parteiflügel, keine Freihandelskonzessionen zu machen. Nicht zufällig äußert sich auch die französische Linksregierung, kurz nachdem der deutsche SPD-Vizekanzler Sigmar Gabriel das TTIP-Abkommen als "de facto" als gescheitert bezeichnet hatte.

Unüberwindbare Hürden

Angesichts dieser politischen Umstände und der deutlichen diplomatischen Wortwahl glauben Freihandelsexperten in Paris eher nicht, dass Frankreich mit seiner harten Position bloß taktisch argumentiert, um den Amerikanern Zugeständnisse abzuringen. Paris will den Abbruch. Fekl erklärte, dass die Verhandlungen "klar und endgültig" abgebrochen werden müssten, um "auf einer guten Basis" wiederaufgenommen zu werden.

Wichtige Hürden scheinen aber fast unüberwindbar. Die Amerikaner wollen die öffentlichen Ausschreibungen nicht öffnen, die Europäer blocken bei dem besseren Zugang zu den Agrarmärkten und insbesondere bei dem Verbot von Hormon- und Chlorhühnerfleisch. Keine Einigung ist ferner bei den Rindfleisch- und den Auto-Zöllen in Sicht. Unüberwindbar scheint auch die Frage der von den USA eingebrachten Schiedsgerichte. Sie sollen auch Staaten zu Entschädigungszahlungen für handelsfeindliche Erlasse verurteilen können. Auch ein letzter Kompromissvorschlag der schwedischen EU-Kommissarin Cecilia Malmström ist von den Amerikanern zurückgewiesen worden.

Generell scheint es, dass Brüssel fast noch als einzige Instanz einen TTIP-Erfolg sucht. Die wichtigsten beteiligten Nationalstaaten scheinen unter dem Eindruck der anstehenden Wahlen von den USA über Frankreich bis Deutschland zunehmend bereit, ein Scheitern der TTIP-Verhandlungen in Kauf zu nehmen. (Stefan Brändle, 30.8.2016)