Computerpannen können gravierende Probleme auslösen. Nicht nur im Flugverkehr, auch in anderen Infrastrukturbereichen wie etwa der Stromversorgung.

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Wien – Am Flughafen Wien ist der Flugbetrieb am Montag wieder halbwegs reibungslos verlaufen. Auch wenn sich das Chaos wieder aufgelöst hat: Grund zur Entwarnung gibt es nicht: "Derartige Computerpannen werden wir in den nächsten Jahren noch viele erleben", sagt Herbert Saurugg vom Verein Cyber Security Austria. Und das nicht nur im Umfeld von Airlines und Flughäfen, wo es in jüngster Zeit wegen Systemproblemen öfters zu größeren Ausfällen kam.

Was sind die Hintergründe dafür? "Es geht letztlich um übertriebene Effizienzsteigerung der Strukturen", erläutert der IT-Experte und Ex-Bundesheeroffizier. Über die Jahre hinweg seien aus Kostengründen öffentliche Infrastrukturen (wie zum Beispiel die Stromversorgung), aber auch die Versorgungsketten in der Wirtschaft immer weiter optimiert worden – ohne an Redundanzen, also zusätzliche Ressourcen als Reserve für Notfälle zu denken. Das räche sich jetzt. Ein Rädchen greift ins andere, fällt eines aus, kommt das ganze System zum Stillstand. Auffangkonzepte gebe es nicht.

Suche nach Bauernopfer

Die Ursachen von Ausfällen ließen sich heute im Grunde nicht wirklich mehr eruieren. "Man kann zwar Bauernopfer finden, aber vorher ist vieles schon passiert, dass der Fall X überhaupt eintreten kann, und das Problem niemand am Radar hatte", macht der Experte deutlich.

Noch gravierendere Folgen als bei den jüngsten Vorkommnissen am Flughafen Wien oder jüngst bei Delta Airlines, wo ein Systemfehler die gesamte Fluggesellschaft lahmlegte, hätten Computerausfälle in der Stromversorgung. Wenn das Netz auf einmal runterfahre, wäre jeder Einzelne betroffen. Auf eine solche Situation vorbereitet sei im Grunde kein Land.

Langsame Behördenmühlen

Die Mühlen der Behörden mahlten bekanntlich langsam. Beispielsweise sei seit 2010 den verantwortlichen Institutionen in Deutschland bekannt, dass das Land auf ein Blackout schlecht vorbereitet ist. Eine der ersten sichtbaren Reaktionen darauf sei der neue Zivilschutzplan des deutschen Innenministers Thomas de Maiziere gewesen, der unter anderem zur Anlage von Vorräten für zehn Tage auffordert.

Von Angst und Panikmache hält Saurugg nichts. Es gehe nicht darum, das Rad zurückzudrehen. "Aber wir müssen mehr Achtsamkeit auf die Schattenseiten legen." Es brauche deutlich mehr Konzepte mit "Rückfallebene". Noch immer zu wenig Verantwortliche in Politik und Wirtschaft seien in der digitalen Welt angekommen. In Sachen Risiko gebe man sich gern der "Truthahn-Illusion" hin. Mit jeder Fütterung steigt das Vertrauen des Vogels, dass er auch am nächsten Tag etwas zu essen bekommt. Bis zum Tag seiner Schlachtung. (kat, 29.8.2016)